Brandenburg: Görke wirft SPD „unprofessionelles“ Handeln vor
Zwei Tage nach Beschluss des Platzeck-Kabinetts über Kommunalfinanzen drängt SPD-Landtagsfraktion plötzlich auf „Sozial“-Soli
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Nauen - Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) beschwört gern die Verlässlichkeit in der rot-roten Koalition Brandenburgs. Doch nun brüskieren die eigenen Genossen den Koalitionspartner und nebenbei kommt das Regierungsmanagement in ein merkwürdiges Licht: Die SPD-Landtagsfraktion will das erst am Dienstag vom rot-roten Kabinett verabschiedete Finanzausgleichsgesetz (FAG) aus dem Hause von Finanzminister Helmuth Markov (Linke) zur Kommunalfinanzierung bis zum Jahr 2014 nur dann beschließen, wenn es kurzfristig um einen innerkommunalen „Sozial-Soli“ nachgebessert wird. Es geht um einen Ausgleich, mit dem Speckgürtel-Landkreise wie Potsdam-Mittelmark oder Dahme-Spreewald zugunsten von ärmeren, mit hohen Sozialausgaben belasteten Regionen zur Kasse gebeten würden. Das hat die SPD-Landtagsfraktion nur zwei Tage nach dem Kabinettsbeschluss überraschend auf ihrer zweitägigen Klausur im Havelland in Anwesenheit Platzecks beschlossen. Die Linken, die ohne Vorwarnung oder Vorabstimmungen überrumpelt wurden, wie auch die kommunalen Spitzenverbände reagierten empört.
Eigentlich soll, so sieht es der rot-rote Fahrplan bislang vor, das FAG vom Landtag im Dezember mit dem Doppelhaushalt 2013/2014 beschlossen werden. Die Regierung ist damit gar nicht mehr im Verfahren, da der Gesetzentwurf im Parlament liegt. Doch nun drohte SPD-Fraktionschef Ralf Holzschuher auf der Pressekonferenz sogar mit einer Verschiebung des Gesetzesvorhabens, falls das Finanzministerium nicht bis Ende Oktober entsprechende „Modellrechnungen“ vorlege. Und im förmlichen Beschluss „fordert“ die SPD „die Landesregierung auf, bis Ende Oktober die Einführung eines gerechteren horizontalen Sozialkostenfaktors für die Landkreise und kreisfreien Städte“ zu prüfen. „Wir werden das Gesetz nicht verabschieden, wenn diese Frage nicht eindeutig diskutiert und geklärt worden ist“, sagte Holzschuher. Ziel sei es, Kreise wie die Uckermark oder Prignitz, kreisfreie Städte wie Frankfurt (Oder), Cottbus und Brandenburg/Havel mit besonders hohen Sozialausgaben zu unterstützen. Er stellte aber klar, dass es um eine Umverteilung innerhalb der Landeszuweisungen an die Kommunen, nicht um eine Aufstockung der Landesmittel für die Gemeinden geht.
Das Vorgehen der SPD, mit dem sie gut zehn Tage vor dem SPD-Landesparteitag für Wirbel sorgt, provoziert allerdings gehörigen Unmut. Für den neuen Linke-Fraktionschef Christian Görke hat es mit solidem Regierungshandwerk nichts zu tun. Er kann zwar das „nicht neue“ Anliegen in der Sache durchaus nachvollziehen, sagte Görke den PNN. „Aber zwei Tage nach einem Kabinettsbeschluss mit einem solchen Beschluss aufzuwarten, das ist unprofessionell.“ Man sei längst dabei, solche Ansätze zu untersuchen. Das Linke-geführte Finanzministerium bestätigte auf Anfrage, dass seit Ende August eine Arbeitsgruppe entsprechende Modelle prüfe. Zudem sieht der vom Kabinett beschlossene FAG-Entwurf bereits diverse innerkommunale Solidar-Ausgleiche zugunsten ärmerer Kommunen vor. So müssen Gemeinden mit hohem Steueraufkommen künftig eine Abgabe leisten.
Die kommunalen Spitzenverbände reagierten empört. Zwar fordern sie selbst einen Bonus für besonders von Sozialausgaben belastete Kommunen, aber durch zusätzliche Mittel des Landes, nicht durch innere Umverteilungen. „Das ist der völlig falsche Ansatz“, warnt Karl-Ludwig Böttcher, Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes. Er prophezeite, dass nichts dabei herauskomme, „außer wilden Debatten innerhalb der kommunalen Familie“.
„Es ist ein Ablenkungsmanöver. Man macht eine Kampflinie auf, um die Kommunen aufeinander loszulassen“, sagte auch der Präsident des Landkreistages Karl Heinz Schröter (SPD), zugleich Landrat in Oberhavel. Das Kernproblem sei aber, dass Brandenburgs Kommunen unterfinanziert seien. „Das Geld reicht nicht.“ Es sei „typisch“ in Brandenburg, die „zu kurze Decke“ zu verschieben. „Mal frieren die Füße und mal der Kopf.“ Für Schröter ist der Fall ein Beleg mehr dafür, dass in der SPD-Regierungspolitik mittlerweile nicht nur Stringenz und lange Linien fehlen. „Es fehlt Führung.“
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