
© Patrick Pleul
Brandenburg: Grabpflege per Natur
Brandenburgs erster Waldfriedhof wurde 2006 bei Fürstenwalde eröffnet
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Nauen - Ein traditionelles Grab mit Stiefmütterchen im Frühjahr und Astern im Herbst – das konnte sich Anne Baldauf für ihre gestorbene Mutter nicht vorstellen. „So etwas passt einfach überhaupt nicht zu ihr. Sie war buddhistisch angehaucht und sehr unkonventionell“, sagt die 40-Jährige, die ihre Mutter gern auf ihrem Grundstück in Jahnberge (Havelland) beerdigt hätte, mit dieser Idee aber am deutschen Bestattungsrecht scheiterte.
Bei der Suche nach einem alternativen Beerdigungsort wurde Anne Baldauf auf die Ruheforst GmbH aufmerksam. Das deutschlandweit tätige Unternehmen bietet seit Januar im Stadtforst von Nauen (Havelland) Waldbestattungen an. Die Grabstellen am Fuße von Bäumen, Sträuchern oder moosüberzogenen Baumstümpfen heißen „Biotope“. Für die Beisetzung einer biologisch abbaubaren Urne muss ein auf 99 Jahre befristetes Nutzungsrecht erworben werden. In Nauen wurden bereits Nutzungsrechte für 250 derartige Plätze verkauft und 15 Bestattungen vorgenommen.
Anne Baldauf entschied sich für einen Baum am Rande des Ruheforstes und zahlte rund 500 Euro. Dazu kommen etwa 1500 Euro für Einäscherung und Bestattung. „Die Bestattung verlief in aller Stille. Die Atmosphäre sprach für sich. Der Wind ging durch die Bäume – ein unvergessliches Erlebnis“, erzählt Baldauf. Am Baum erinnert jetzt ein visitenkartengroßes Schild an ihre Mutter.
Neben Nauen setzen auch andere Kommunen auf diese Alternative zum konventionellen Friedhof. Seit diesem Jahr gibt es in Templin (Uckermark) einen Waldfriedhof. 2009 sind Neueröffnungen in Prenzlau (Uckermark) und Eberswalde (Barnim) geplant, wie die Stadtverwaltungen mitteilten. In Strausberg (Märkisch-Oderland) wird das Thema nach Angaben von Stadtförster Heiko Wessendorf diskutiert.
Brandenburgs erster Waldfriedhof wurde 2006 bei Fürstenwalde (Oder-Spree) eröffnet - von der Stadt in Kooperation mit der Friedwald GmbH (Hessen), deutschlandweit neben der Ruheforst GmbH (Nordrhein-Westfalen) der größte Anbieter von Waldbestattungen. „Bei uns gab es bisher rund 180 Bestattungen. 600 Verträge wurden darüber hinaus abgeschlossen“, berichtet der zuständige Forstmeister Thomas Weber.
Die Waldfriedhöfe befinden sich jeweils in Trägerschaft der Kommunen. Diese bedienen sich wiederum der Dienstleistungen privater Anbieter wie Ruheforst und Friedwald, die die Werbung und/oder die Vermarktung übernehmen. Das Geschäft rentiert sich anscheinend auch für die Städte. Eberswalde rechnet beispielsweise mit Einnahmen von 50 000 Euro pro Jahr. Templin und künftig auch Prenzlau betreiben die Waldfriedhöfe in Eigenregie. Nach den Erfahrungen von Jürgen Schuppelius vom Stadtforst Templin funktioniert es auch ohne die großen Anbieter: „Seit April haben wir zehn Einzelplätze und 15 Generationenbäume verkauft, an denen jeweils zehn Personen bestattet werden können.“ Die Bestattung unter Baumkronen liege in Brandenburg im Trend, bestätigt auch Andreas Dieckmann von der Bestatter-Innung Berlin-Brandenburg. Ein Grund dafür sei die Naturverbundenheit vieler Menschen. Günstiger seien die Waldbestattungen allerdings nicht unbedingt. Eine Urnenbestattung auf einem kommunalen Friedhof koste zwischen 2000 und 4000 Euro.
„Wir sind keine Billigbestatter, sondern bieten nur eine Alternative zum Friedhof“, betont der Fürstenwalder Forstmeister Weber. Anne Baldauf sieht dennoch langfristig eine Kostenersparnis: Die Laufzeit der Vertrags liege immerhin bei 99 Jahren und außerdem fielen die Kosten für die Grabpflege weg - die wird der Natur überlassen. Grabschmuck ist im Wald unerwünscht.
Anja Sokolow
Anja Sokolow
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