zum Hauptinhalt

Brandenburg: Graue Maus mit Platznot

Erkner wurde 1944 zu 80 Prozent zerstört – statt Altbauten besteht die Stadt fast nur aus DDR-Platte

Stand:

Gebe es nur mehr Platz, stünden in Erkner alle Zeichen auf Wachstum, ist sich Kristina Althaus sicher. Doch die Prognosen des brandenburgischen Landesamtes für Bauen und Verkehr gehen in eine andere Richtung: Von derzeit noch 11 626 Einwohner soll die Bevölkerung Erkners (Oder-Spree) bis 2030 auf 10 400 Einwohner schrumpfen. „Damit können wir nur sehr schwer leben. Wir erwarten, dass wir uns besser entwickeln“, meint die Vize-Rathauschefin.

Optimistisch ist Althaus wegen der vielen Nachfragen im Rathaus und im Internet. Nur eine knappe halbe Stunde fährt man mit der S-Bahnlinie 3 von Erkner bis Berlin–Ostkreuz – eigentlich ideal für alle, die im Grünen wohnen wollen, aber in Berlin zur Arbeit gehen. Die Regionalbahn RE1 hält ebenfalls auf dem Weg nach Berlin. Zu ihrem Leidwesen jedoch muss Althaus all zu oft Interessenten enttäuschen. Denn es fehle schlichtweg der Platz, sagt sie. Die kommunale Wohnungsbaugesellschaft verfüge über rund 3000 Wohnungen, Leerstand gebe es nicht. „Wir haben Probleme, Leute noch unterzubringen“, sagt Althaus. Auch im Neubaugebiet Flakensee, wo gerade 120 Baugrundstücke ausgewiesen worden sind, sei „fast alles weg“.

Viel Platz zum Bauen gibt es nicht. Erkner ist eingekreist von der Grenze zu Berlin und dem Dämeritzsee im Westen, einer Bahntrasse und dem Berliner Ring im Osten sowie einem Landschaftsschutzgebiet und einem Überschwemmungsgebiet der Spree. „Unsere wichtigste Aufgabe für die nächsten Jahre lautet: Wohnraum schaffen“, sagt Althaus energisch. Deshalb hat die Stadt gerade erst ein Lückenkataster erstellen lassen, also analysieren lassen, wo noch Platz wäre. Grundlage ist eine angenommene Zahl von 12 300 Einwohnern. „Wir haben ein Potenzial von 20 Hektar ermittelt. Das reicht aber nicht aus“, räumt Gabriele Knape, zuständig für Bauplanung, ein.

Bereits heute pendeln täglich etwa 3700 Menschen aus Erkner zur Arbeit, vornehmlich nach Berlin. Doch außer der günstigen Lage und der wasserreichen Umgebung hat die Stadt wenig zu bieten. Sehenswürdigkeit Nummer eins ist das Gerhart-Hauptmann-Museum. In der zentralen Einkaufsstraße, der Friedrichstraße, steht dagegen fast kein altes Gebäude mehr. Alte DDR-Plattenbauten säumen die Straße. Einzig das Rathaus ist zur Hälfte ein Altbau. 1944 wurde die Stadt zu 80 Prozent zerstört. An einer Stelle der Friedrichstraße klafft zudem eine Baulücke. Dort hätte längst ein Kaufhaus entstehen sollen. Wegen einer Klage liegt das Projekt aber auf Eis. Außer für die Waren des täglichen Bedarfs gibt es somit kaum Einkaufsmöglichkeiten.

Kitas, Schulen und medizinische Einrichtungen dagegen sind ausreichend vorhanden. Die Stadt hat sich auf den Zuzug junger Familien eingestellt. Eine maßgebliche Rolle für die weitere Entwicklung Erkners spielt aus Althaus Sicht der künftige Großflughafen Schönefeld. „Er ist Fluch und Segen.“ Zum einen macht sich Althaus Sorgen wegen des zu erwartenden Fluglärms. Zum anderen aber geht eine Studie der Regionalen Planungsgemeinschaft Oderland-Spree von Zuzügen von BER-Beschäftigten aus. „Über den Berliner Ring sind es gerade einmal knapp 30 Minuten von Tür zu Tür“, freut sich Althaus. mat

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })