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Brandenburg: Großaufgebot der Polizei gegen Rocker

In Cottbus gehen die Behörden gegen die Hells Angels vor - offiziell aus Sorge vor neuer Gewalt. Es geht aber auch um gewachsene kriminelle Strukturen

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Cottbus - Brandenburgs Sicherheitsbehörden konzentrieren sich an diesem Wochenende auf Cottbus. Die Polizei ist in erhöhter Alarmbereitschaft. Grund ist der Fund eines Munitionslagers bei einem Mitglied des Rockerklubs Hells Angels am Mittwoch, wenige Tag bevor sich an diesem Wochenende mehrere Hundert Mitglieder der Rockerszene aus ganz Deutschland und dem Ausland in Cottbus treffen. Anlass ist das fünfjährige Bestehen der Niederlassung der Hells Angels in Cottbus. Die Rocker wollen ihre Feier auf dem Vereinsgelände am Rande von Kolkwitz bei Cottbus abhalten. Die Behörden befürchten dabei Auseinandersetzungen und Attacken rivalisierender Rockerklubs wie Bandidos oder Gremium. Die Polizei wird deshalb mit einem Großaufgebot anrücken. „Wir werden mit genügend Beamten präsent sein, um keine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zuzulassen“, sagte eine Polizeisprecherin. Die Einsatzkräfte seien gut vorbereitet und würden „keine Machtdemonstration der Rocker“ zulassen. Die Cottbuser müssten sich keine Sorgen machen.

Am Mittwoch hatte die Polizei mit 200 Beamten Wohnungen und Geschäftsräume von Mitgliedern der Hells Angels durchsucht. Bei der Razzia waren die Beamten auf einem Gartengrundstück auch auf ein Waffendepot gestoßen. In einer im Garten vergrabenen Metallkiste fanden sie mehrere funktionstüchtige Schusswaffen: eine Pumpgun und eine abgesägte doppelläufige Schrotflinte, drei Pistolen sowie die nötige Munition, mehrere Handbeile und eine Präzisionsschleuder. Daneben fanden die Beamten Übungspatronen, ein Bajonett, Messer, Samurai-Schwerter, Macheten, Morgensterne, Quarzsandhandschuhe, Drogen und Muskelaufbaupräparate wie Anabolika. Die Ermittler hatten offenbar eindeutige Hinweise auf das Waffendepot. Denn die Razzia war genau damit begründet worden, dass die Hells Angels sich auf Attacken anderer Klubs vorbereiten und dazu Waffenlager angelegt haben könnten.

Der Nutzer des Grundstücks war vorläufig festgenommen worden. Die Staatsanwaltschaft Cottbus ermittelt auch wegen des Verdachts des illegalen Waffenbesitzes. Die Behörde hat am Donnerstag Haftbefehl gegen den 28-jährigen Rocker beim Amtsgericht Cottbus beantragt. Doch inzwischen ist der Rocker wieder auf freiem Fuß. Das Amtsgericht Cottbus lehnte den Antrag der Staatsanwaltschaft ab. Ermittlern zufolge soll es sich bei dem 28-Jährigen um einen Rocker im Rang eines Prospect handeln, also einen Anwärter für den Rockerklub, der bestimmte Dienste erfüllen muss, um Mitglied werden zu können. Mentor dieses Anwärters soll der „Sergeant at Arms“ der Cottbuser Hells Angels sein, der für Sicherheitsfragen, Bewaffnung und die Disziplin im Klub verantwortlich ist.

Die Sicherheitsbehörden sehen sich nach der Razzia jedenfalls bestätigt, zumal auch auf einem Nachbargrundstück noch eine weitere Waffenkiste gefunden – allerdings leer. Wenn in der Region schon ein so großes Treffen der Hells Angels stattfinde, müsse damit gerechnet werden, dass die Konflikte in der Rockerszene eskalieren, hieß es. Auch wegen des entdeckten Waffenlagers bleibe der Polizei nichts anderes übrig, als mit einem Großaufgebot in Cottbus zu reagieren.

Auch wenn die Polizei offiziell verkündet, sie wolle mit dem harten Vorgehen gegen die Rocker in Cottbus – ähnlich wie bei Razzien bei den Hells Angels in Potsdam und den Bandidos in Hennigsdorf – ein Übergreifen der jüngsten Auseinandersetzungen in Berlin auf Brandenburg verhindern. Tatsächlich nutzen die Behörden auch die Gunst der Stunde, da die Rockerklubs ohnehin gerade unter Druck stehen und die Polizei eine Nulltoleranzstrategie fährt. Denn eigentlich war es im Süden Brandenburgs nach heftigen Konflikten zwischen Hells Angels und Bandidos mit Schusswechseln und Messerattacken lange Zeit in der Rockerszene ruhig geblieben. Daher gibt es noch einen anderen Grund für das harte Durchgreifen in Cottbus. Aus Ermittlerkreisen heißt es, die Hells Angels hätten die Cottbuser Unterwelt, also Drogenhandel, Rotlichtmilieu, Türsteherszene und Schutzgelderpressung, fest im Griff und sich als Macht etabliert.Alexander Fröhlich

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