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Brandenburg: Große Hürden für Klein-Europa

Plan für Vergnügungspark auf Gelände in Sperenberg kommt nicht voran

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Sperenberg - Es war im Juni vorigen Jahres im Berliner „Hilton“, als der Unternehmer Jürgen Kahl vollmundig sein Projekt der „Euroworld Holding AG“ der skeptischen Öffentlichkeit präsentierte hatte. Gleich 7,5 Milliarden Euro, aufgebracht durch bislang ungenannte Finanziers, wollte Kahl in einen gigantischen Freizeitpark auf dem früheren russischen Militärflughafen in Sperenberg südlich der Bundeshauptstadt investieren, 36 000 Arbeitsplätze schaffen, wo einstmals der Großflughafen gebaut werden sollte.

Auf 45 Quadratkilometern kontaminierter Fläche, so der phantastische Plan von Kahl, sollte bis 2012 ganz Europa vom Ural bis Frankreich originalgetreu im Maßstab 1:800 im märkischen Sand nachgebaut werden – mit Hotels, einem Casino, einem Fernsehturm, einer Hochbahn. Und jeder Staat des alten Kontinents, so verkündete Kahl damals als Finanzierungskonzept, sollte seine Parzelle selbst kaufen und entwickeln. Für finanzschwache Staaten, die sich das nicht leisten können, wollte er „Sponsoren“ finden.

Kopfschütteln und Abwinken waren die Reaktionen in der Landesregierung; von einer „Schnapsidee“ war die Rede. Ganz abgesehen davon, dass selbst die betroffenen Kommunen, die die Planungshoheit haben, überrumpelt wurden. Jetzt hat der „Spiegel“ herausgefunden, dass Kahl ein „mehrfach vorbestrafter Finanzjongleur“ sei, der etwa in der Schweiz bereits im Zusammenhang mit einer Seniorenresidenz als Wirtschaftskrimineller verurteilt wurde und dass seine angeblichen, bis heute geheim gehaltenen Finanziers im Hintergrund allenfalls exotisch klingende Namen wie „Langley Europe Ltd.“ und irgendwo einen Briefkasten hätten.

Kahl ließ diese Informationen gegenüber dem Nachrichtenmagazin über einen Anwalt großenteils dementieren, zu anderen Vorwürfen habe er sich nicht äußern wollen, berichtet das Blatt.

Allzu überrascht ist niemand von der Geschichte. Finanzminister Rainer Speer (SPD) hat sich nach eigener Aussage zwei Mal mit Kahl getroffen, der ihm das Projekt schmackhaft machen wollte. Man könne ja, wenn einer sage, er wolle investieren, nicht gleich ein Gespräch ablehnen, so Speer. Er habe auf einen „Businessplan“ gedrängt, auf Bonitätsnachweise. „Doch da kam nichts außer dubiosen Schriftstücken.“ Er habe seinen Eindruck an andere Behörden weitergegeben.

Ähnliches hört man auch aus dem Brandenburger Wirtschaftsministerium und dem als investorenfreundlich bekannten Landratsamt Teltow-Fläming. „Jeder ernst zu nehmende Investor ist herzlich willkommen“, sagt Sprecher Harald Sempff salomonisch. „Mit Euroworld gibt es zur Zeit nichts zu verhandeln.“ Und im Potsdamer Wirtschaftsministerium gilt inzwischen eine ganz andere Devise: „Die Zeit der Großprojekte ist vorbei“, verkündet Minister Ulrich Junghanns (CDU) immer wieder gern. „Unser Großprojekt ist der Mittelstand.“ Thorsten Metzner

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