Nach der Berlin-Wahl: Grüne ebnen Weg für Koalitionsverhandlungen
Sonderparteitag der Berliner Grünen stimmte am Freitagabend mit großer Mehrheit der Aufnahme von Gesprächen mit der SPD zu.
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Berlin - Knapp zwei Wochen nach der Berliner Abgeordnetenhauswahl haben die Grünen den Weg für Koalitionsverhandlungen mit der SPD frei gemacht. Ein Sonderparteitag stimmte am Freitag mit großer Mehrheit der Aufnahme von Gesprächen zu. Zugleich haben die Grünen ihr Nein zur umstrittenen Autobahn A 100 zementiert.
Die Grünen waren aus der Wahl trotz beachtlicher Zugewinne nur als drittstärkste Kraft nach SPD und CDU hervorgegangen. Rechnerisch wäre auch eine große Koalition möglich. Die SPD-Spitze entschied sich jedoch zu Wochenbeginn für Rot-Grün, nachdem sich beide Seiten beim Hauptknackpunkt A 100 auf einen Kompromiss verständigt hatten. Ob der noch Bestand hat, scheint inzwischen ungewiss. Laut der Vereinbarung soll in Verhandlungen mit dem Bund versucht werden, die Autobahn-Mittel von 420 Millionen Euro in andere Verkehrsprojekte umzulenken. Misslingt das, will die SPD die Trasse bauen, wie sie nach der Sondierung feststellte, die Grünen lehnen das in jedem Fall ab. Auf dem Parteitag beschlossen sie einen Antrag, in dem es heißt: „Die nachträglichen Ergänzungs- und Änderungsversuche der SPD sind und werden nicht Bestandteil der rot-grünen Vereinbarung...“ Damit ist eine Gefährdung der Koalition nicht ausgeschlossen.
Zu Beginn des Parteitags warben die Grünen-Parteichefs Bettina Jarasch und Daniel Wesener nachdrücklich für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen. Ein rot-grünes Bündnis sei eine „reale Option“, sagte Wesener. Der Regierungswechsel müsse jedoch ein Politikwechsel sein.
Zur A 100 betonte Wesener: „Wir werden keinem Koalitionsvertrag zustimmen, der den Weiterbau festschreibt.“ Es gehe um mehr als drei Kilometer Autobahn, es gehe für die Grünen um Glaubwürdigkeit. Der Parteichef appellierte an die „liebe SPD“, die „angenehme, faire und konstruktive Atmosphäre“ der Sondierungsgespräche sollte „jetzt auch für den öffentlichen Umgang miteinander gelten“. Jarasch forderte die Partei auf, die Chance für eine ökologische und soziale Wende zu ergreifen. Ziel sei ein besseres Berlin. Fraktionschef Volker Ratzmann sagte, „wer die A 100 verhindern will, der muss Rot-Grün versuchen“. Die CDU würde das Projekt mittragen.
Unterdessen hat Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) im Nachrichtenmagazin „Focus“ erneut bekräftigt, dass Bundesgeld für eine Autobahn nicht für Schlaglöcher von Stadtstraßen oder Lärmschutzprojekte zweckentfremdet werden könne.
Die Koalitionsverhandlungen sollen in der nächsten Woche beginnen. Es wird damit gerechnet, dass sie frühestens im November abgeschlossen werden. Das Bündnis hätte aber nur eine knappe parlamentarische Mehrheit. Rot-Grün gab es in Berlin bisher zweimal kurzzeitig: 1989/90 und nach dem Bruch der großen Koalition Mitte 2001 mit Duldung der PDS.
Torsten Hilscher, Christina Schultze
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