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Als ehemaliger Dekan der Berliner Humboldt Uni bringt der Wirtschaftsinformatiker auch eine länderübergreifende Kompetenz mit ein: Die gute Zusammenarbeit mit den Berliner Universitäten will er auch in Potsdam fortsetzen.

© Andreas Klaer

Der Fall Graf: Günther gegen Doktorarbeit als Hobby

Angesichts der Plagiatsaffäre um den Berliner CDU-Fraktionsvorsitzenden Florian Graf schlägt der Präsident der Universität Potsdam, Oliver Günther, vor, die Zahl der Doktoranden bundesweit zu reduzieren.

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Potsdam/Berlin - „Hobby-Doktoranden ohne wirkliches wissenschaftliches Interesse sollten einfach gar nicht mehr promovieren“, sagte Günther am Freitag dieser Zeitung. Aus seiner Sicht sollte künftig nur den Doktortitel anstreben, wer sich einige Jahre ausschließlich seiner Promotion widme und ein „Faustisches Erkenntnisinteresse“ habe, also die Forschung voranbringen wolle. „Nebenberuflich etwas wissenschaftlich Innovatives hervorzubringen, schaffen nur absolute Ausnahmeerscheinungen“, sagte Günther. Auch schwache Doktorarbeiten, die in der Forschung nicht weiter zur Kenntnis genommen würden, verschwendeten volkswirtschaftlich gesehen Ressourcen.

Die Uni Potsdam entzog Graf am Mittwoch den Doktortitel, nachdem er zuvor selbst darum gebeten hatte. Als Grund gab Graf „wissenschaftliche Mängel“ an, inzwischen erhärtete sich der Plagiatsverdacht. Thema der vor eineinhalb Jahren eingereichten Arbeit war die Entwicklung der CDU in der Opposition nach dem abrupten Ende der Großen Koalition.

Ob er auch Graf für einen „Hobby-Doktoranden“ halte und wie er den akademischen Gehalt von dessen Arbeit einschätze, wollte Günther nicht sagen. Prinzipiell lasse sich eine zeitaufwendige politische Arbeit wie bei Graf oder Karl Theodor zu Guttenberg aber nicht mit einer Promotion vereinbaren. Die Arbeit von Graf, die am Donnerstag kurz öffentlich zugänglich war, hat die Unibibliothek jetzt wieder gesperrt. Da Graf der Doktorgrad entzogen sei, gelte sie nicht mehr als Promotion, sondern als Privatschrift. Es sei jetzt Grafs Sache, ob die Arbeit künftig der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird.

Aus Sicht des Unipräsidenten hat Potsdam kein besonderes Problem mit seinen Doktoranden, „so ärgerlich der Fall auch ist.“ Ob sich Graf an noch mehr als an den von ihm bekannt gegebenen vier Stellen bei anderen Autoren bediente, werde die weitere Prüfung der Arbeit zeigen, sagte Günther. Er sehe aber keinen Grund zur Annahme, dass Graf hier die Unwahrheit sage. Die Universität will jetzt auch prüfen, weshalb die Täuschung nicht schon den Gutachtern der Arbeit auffiel. Oliver Günther will sich zudem dafür stark machen, dass Promotionen künftig flächendeckend an der Uni Potsdam mit einer Plagiatssoftware überprüft werden.

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hat indes vor einer pauschalen Verurteilung von Politikern gewarnt. In vielen anderen Berufen, beispielsweise im Journalismus, müssten ebenfalls Quellen ordentlich gekennzeichnet sein. Die Jagd nach Plagiaten sollte sich also nicht nur auf Politiker konzentrieren. „Es ist eher eine Grundfrage, wie Doktorarbeiten zustande kommen und wie sie bewertet werden“, erklärte Wowereit. Die Plagiatsaffäre um den CDU-Fraktionschef Florian Graf betrachtet er als erledigt. Es sei gut, dass Graf offensiv damit umgegangen sei. Den Vorwurf, dass Plagiatsaffären vor allem ein Problem konservativer Parteien sind, teilt Wowereit nur eingeschränkt. „Das kann man immer nur so lange sagen, wie sich das schwerpunktmäßig bei CDU und FDP abspielt.“ Tilmann Warnecke

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