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Brandenburg: Gutachter fordern regelmäßige Gelenk-Kontrolle Weitere Prothesenbrüche nicht auszuschließen / St.-Hedwig-Klinik von Behörden kontrolliert

Berlin - Das St.-Hedwig-Krankenhaus in Mitte, in dem Knieprothesen verwechselt wurden und fehlerhafte künstliche Hüftgelenke implantiert wurden, hat gestern Besuch von den Berliner Kontrollbehörden bekommen.

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Berlin - Das St.-Hedwig-Krankenhaus in Mitte, in dem Knieprothesen verwechselt wurden und fehlerhafte künstliche Hüftgelenke implantiert wurden, hat gestern Besuch von den Berliner Kontrollbehörden bekommen. Eine routinemäßige Prüfung, wie sie nach solchen Zwischenfällen üblich sei, sagte Robert Rath, Sprecher des zuständigen Landesamtes für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit (Lagetsi). Die Kontrolleure prüfen dabei zum Beispiel, ob die Dokumentationen zu den verwendeten Medizinprodukten vollständig sind, ob der Betreiber eine interne Qualitätssicherung durchführt und auch die Verantwortlichkeiten klar definiert sind.

Am heutigen Freitag soll der Bericht des Lagetsi vorliegen. „Die Ergebnisse werden die Grundlage für die Arbeitsgruppe sein, die rekonstruiert, wie es zu den Zwischenfällen im St.-Hedwig-Krankenhaus kam und welche Verbesserungen in der Klinik nötig sind, um das künftig zu vermeiden“, sagt Gesundheitsstaatssekretär Benjamin-Immanuel Hoff (Linke). Spätestens Ende September soll die Arbeitsgruppe Ergebnisse vorlegen.

Inzwischen wurde ein Gutachten bekannt, dass Falcon Medical, der österreichische Hersteller der fehleranfälligen Hüftprothesen, in Auftrag gegeben hat. In der Analyse vom Juli 2007, die dieser Zeitung vorliegt, heißt es, dass Prothesen des im Januar 2005 vom Markt zurückgezogenen Modells „nahezu bagatellhaft ohne Ankündigung und lautlos“ gebrochen seien. Es ist vorstellbar, wie belastend es für Betroffene sein muss, wenn plötzlich starke Schmerzen den Körper durchfahren und der Körper wegsackt.

Bereits am 13. August 2004 sei diese Prothesenmodell erstmals in einem Patienten gebrochen. Mittlerweile sind es, wie berichtet, 47 betroffene Patienten in Deutschland und Österreich. Insgesamt wurden rund 2400 Gelenke dieser Modellreihe implantiert. Ursache sei, dass Körperflüssigkeit in die Gelenke einsickerte und das Material korrodierte, bis es schließlich brach. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass es weitere Fälle geben wird, auch wenn bisher in den ersten zwei Jahren nach der Implantation eine deutlich größere Bruchfrequenz registriert wurde als danach, so die Gutachter. Prognosen seien aufgrund fehlender Daten aber nicht möglich. Man könne den Patienten „zu keinen Verhaltensmaßregeln raten, die geeignet sind, mit entsprechend hoher Wahrscheinlichkeit einen Bruch zu vermeiden.“ Aber immerhin konnten die Gutachter Risikogruppen identifizieren. So waren Männer von den Brüchen weitaus häufiger betroffen als Frauen. Die Risikogruppen sollten sich in 6-monatigen Abständen einer Nachuntersuchung stellen, schreiben die Gutachter. Mit Verweis auf die laufenden juristischen Verfahren lehnt die Hedwig-Klinik jeden Kommentar ab.

Die beiden anderen Krankenhäuser in der Region, die ebenfalls das Hüftprothesenmodell implantiert hatten – die Oberlinklinik in Potsdam und das Kreiskrankenhaus Belzig – nannten dagegen Zahlen, wie viele Patienten diese Prothese erhalten haben. In der Oberlinklinik waren es nach Angaben der Sprecherin Wiebke Zielinski in drei Jahren knapp 90. Wie alle Prothesenpatienten würden auch diese zu einer kostenlosen Nachuntersuchung ein Jahr nach der Operation eingeladen. Seit Ende 2004 werde dieses Modell in der Klinik ohnehin nicht mehr verwendet. Im Kreiskrankenhaus Belzig ist die Prothese bei 38 Hüftoperationen eingesetzt worden.

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