Brandenburg: Gysi stimmt Berliner Genossen auf Rot-Rot ein
Heute will die Linkspartei entscheiden, ob sie mit der SPD über eine neue Koalition verhandelt
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Berlin - Er war zu Beginn der letzten Legislaturperiode der linke Hoffnungsträger der rot-roten Koalition in Berlin. Jetzt könnte Gregor Gysi, inzwischen PDS-Fraktionschef im Bundestag, auch für eine mögliche Fortsetzung des SPD-Linkspartei-Bündnisses den Ausschlag geben. Beim heute Abend im Bezirksamt Pankow stattfindenden Sonderparteitag der Berliner Linkspartei ist Gregor Gysi der prominenteste Redner.
Es wird erwartet, dass der PDS-Star die knapp 150 Genossen, von denen viele noch unentschlossen sind, auf eine Fortsetzung der rot-roten Koalition einstimmt. Den Ton hat Gysi in den vergangenen Tagen in mehreren Interviews vorgegeben, in denen er deutlich gemacht hat, dass Rot-Rot die beste Option sei – wenn denn die Handschrift der Linkspartei in der Koalition erkennbar sei. Ähnlich hatte sich Co-Fraktionschef Oskar Lafontaine geäußert. Berlins SPD-Führung will am Tag nach dem PDS-Parteitag entscheiden, ob sie mit der Linkspartei oder mit den Grünen offizielle Verhandlungen über eine Koalition aufnimmt.
Am gestrigen Mittwochabend wollte der Landesvorstand der Linkspartei gemeinsam mit den Bezirksvorsitzenden entscheiden, welchen Kurs man dem Parteitag empfiehlt: Koalition oder Opposition. Vor der Führungssitzung, die bis in den späten Abend dauerte, waren zunehmend Stimmen für eine Fortsetzung der rot-roten Koalition zu hören. Die PDS-Verhandlungsführer bei den zwei Vorgesprächen mit der SPD – Harald Wolf, Klaus Lederer und Stefan Liebich – hätten bereits durchblicken lassen, dass es aus ihrer Sicht „gute Chancen für eine Einigung mit der SPD gibt“, hieß es vor dem Gespräch in Linkspartei-Führungskreisen.
In den Berliner Bezirksverbänden der PDS, auf deren Zustimmung die Parteiführung angewiesen ist, ist ebenfalls zunehmend zu hören, dass man sich „rational“ einer Regierungskoalition eigentlich nicht verweigern könne, wie es ein einflussreicher Bezirkschef formuliert. „Die Frage ist nur, ob sich von dieser rationalen Erkenntnis wirklich genügend Parteimitglieder überzeugen lassen.“ Das hänge beim Parteitag vor allem davon ab, wie die Verhandlungsführer den Stand der Gespräche mit der SPD vermitteln.
Es ist geplant, dass heute Abend neben Gysi unter anderem der PDS-Spitzenkandidat Harald Wolf sowie der Landesvorsitzende der Linkspartei, Klaus Lederer, sprechen. Gerade Wolf dürfte in der langen Aussprache, die für den Abend erwartet wird, auch einiges an Kritik einstecken. Viele enttäuschte Parteimitglieder lasten es vor allem ihm an, dass die PDS am 17. September mit 13,4 Prozent der Zweitstimmen hinter dem Ziel von 17 oder mehr Prozent zurückblieb.
Mit besonderer Neugierde wird die SPD-Führung den Parteitag des bisherigen und vielleicht auch künftigen Koalitionspartners verfolgen. Vom Beschluss der Linkspartei hängt ab, wem der SPD-Landesvorstand in seiner Sitzung am Freitagabend den Zuschlag gibt.
„Wir werden die Entscheidung gegenüber der Öffentlichkeit und gegenüber den eigenen Mitgliedern ausführlich begründen“, kündigte SPD-Fraktionssprecher Peter Stadtmüller an. Denn trotz der vergangenen viereinhalb Jahre Regierungsbeteiligung gebe es in der SPD große Vorbehalte gegen die Linkspartei.
Über die Grünen spricht man in der SPD ebenfalls mit gemischten Gefühlen. Vor allem die SPD-kritischen Äußerungen von Grünen-Verhandlungsführerin Franziska Eichstädt-Bohlig nach den Sondierungsgesprächen haben die SPD-Verhandlungsführer verärgert. Sie hatte gesagt, dass die SPD die wichtigen Zukunftsthemen nicht anpacken und die bisherige rot-rote Koalition in die nächste Legislaturperiode „verlängern“ wolle. „Es ist uns unerfindlich, wie sie so etwas nach zwei intensiven und konstruktiven Sondierungsgesprächen sagen kann“, sagt SPD-Fraktionssprecher Stadtmüller.
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