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Nach Misshandlungsvorwürfen: Haasenburg-Betreiber zieht vor Gericht

Der Ton wird schärfer: Ministerin Münch hält am Belegungsstopp für die drei Brandenburger Jugendheime fest, die Betreiber der Haasenburg wollen das nicht hinnehmen.

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Potsdam/Cottbus Im Streit um die Behandlung Jugendlicher in Brandenburger Jugendheimen verhärten sich die Fronten. Das Bildungs- und Jugendministerium sieht weiter Anlass für Suspendierungen und einen Belegungsstopp. Die Heimbetreiber wehren sich juristisch gegen das Verbot, neue Jugendliche aufzunehmen. "Wir lassen dies vom Verwaltungsgericht überprüfen", sagte ein Sprecher der Haasenburg GmbH am Montag der Nachrichtenagentur dpa.

Nach ihrer Rückkehr in ein Haasenburg-Heim haben unterdessen zwei von drei ausgerissenen Jungen ihre Misshandlungsvorwürfe bei Behörden in Brandenburg wiederholt. Der zweite Jugendliche habe in Teilen die Aussagen bestätigt, die zuvor der andere gemacht habe, sagte eine Sprecherin des Jugendministeriums in Potsdam. Von seinen Angaben fühle sich das Ressort in seinem Vorgehen bestätigt. Ministerin Martina Münch (SPD) hatte in der vergangenen Woche drei Erziehern eine weitere Tätigkeit in den drei Heimen untersagt und einen Belegungsstopp für die Einrichtungen ausgesprochen.

Drei Jugendliche waren zuvor aus der Einrichtung in Neuendorf in Unterspreewald ausgerissen. Als Grund nannte ihr Hamburger Anwalt Rudolf von Bracken Gewalttaten und Demütigungen. Ein 16-Jähriger gilt noch immer als vermisst und wird von der Polizei gesucht. Er hatte sich an die Zeitung "taz" gewandt und von Misshandlungen berichtet. Sein Anwalt schloss zunächst aus, dass der Junge zurückkehrt.

Die Ermittlungen gegen die Haasenburg werden voraussichtlich noch länger andauern. Für die Auswertung der Unterlagen und die Befragung von Zeugen sei "mindestens noch ein Monat" nötig, sagte Oberstaatsanwältin Petra Hertwig dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Montag in Cottbus. In den drei Einrichtungen der Haasenburg GmbH sollen Jugendliche misshandelt worden sein.

Für die Ermittlungen seien eine Staatsanwältin und drei Beamte abgestellt, sagte Hertwig. Das Landeskriminalamt werte derzeit die bei Durchsuchungen in den drei Einrichtungen Anfang Juli sichergestellten Datenträger aus. Zur aktuellen Zahl der Ermittlungsverfahren wollte sich die Staatsanwaltschaft nicht äußern. Bei den Verfahren seien ständig Veränderungen möglich.

Nach Angaben des brandenburgischen Justizministeriums wurden im Zusammenhang mit Vorwürfen gegen die Haasenburg GmbH bis Anfang Juli acht neue Ermittlungsverfahren eingeleitet. Vier der Verfahren seien aufgrund von Aussagen ehemaliger Insassen der Einrichtungen eingeleitet worden. Zwei davon seien wegen mangelnden Tatverdachts bereits wieder eingestellt worden. In zwei Fällen wurde die Staatsanwaltschaft nach Medienberichten von Amts wegen aktiv.

Grüne, FDP und Linke im brandenburgischen Landtag haben wegen der massiven Vorwürfe die Schließung der drei Einrichtungen gefordert. Jugendministerin Martina Münch (SPD) lehnt dies ab, hat aber in der vergangenen Woche einen Aufnahmestopp für neue Jugendliche bekanntgegeben. Drei Haasenburg-Mitarbeiter wurden nach Angaben des Trägers und des Ministeriums im Zusammenhang mit Misshandlungsvorwürfen vorläufig vom Dienst freigestellt.

Die Berliner "tageszeitung" hatte Mitte Juni begonnen, zurückliegende und inzwischen auch aktuell erhobene Vorwürfe gegen die Haasenburg zu veröffentlichen. Dabei geht es unter anderem um Körperverletzungen, Demütigungen und länger anhaltende Fixierungen von Insassen. Die Haasenburg GmbH hat die Vorwürfe zurückgewiesen.

Der Jugendhilfe-Träger betreibt in Brandenburg drei Einrichtungen mit insgesamt 114 Plätzen zur Unterbringung von Kindern und Jugendlichen. Darunter sind auch 56 Plätze zur geschlossenen Unterbringung mit freiheitsentziehenden Maßnahmen.

Minderjährige können dort auf Antrag der Sorgeberechtigten per Gerichtsbeschluss eingewiesen werden, wenn sie als Gefahr für sich oder andere gelten. In der Regel haben die Kinder und Jugendlichen zuvor bereits erfolglos zahlreiche andere pädagogische und therapeutische Maßnahmen durchlaufen. (dpa/epd)

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