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Nach Misshandlungsvorwürfen: Haasenburg-Untersuchungskommission nimmt Arbeit auf
Die geschlossenen Heime der Haasenburg gehören laut Bildungsministerin Münch zu den am stärlsten kontrollierten in Brandenburg. Aktuell gebe es keine Hinweise auf Menschenrechtsverletzungen. Die Kommission soll aber auch Fälle aus der Vergangenheit überprüfen.
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Potsdam - Die brandenburgische Untersuchungskommission zur Aufklärung von Misshandlungsvorwürfen gegen die Jugendhilfe-Einrichtung Haasenburg hat am Freitag ihre Arbeit aufgenommen. Die Vorwürfe gegen den Träger zweier geschlossener Einrichtungen mit 56 Heimplätzen im Südosten Brandenburgs seien keine Bagatellen, sagte Bildungsministerin Martina Münch (SPD) in Potsdam.
"Es geht um die Verletzung von Menschenrechten, hier brauchen wir dringend Aufklärung." Mitarbeitern der Haasenburg GmbH wird Medienberichten zufolge unter anderem vorgeworfen, Insassen über längere Zeiträume festgebunden zu haben.
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Die Vorwürfe gegen die Haasenburg bezögen sich bislang nur auf die Vergangenheit, sagte Münch. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, "dass dort zur Zeit Menschenrechtsverletzungen passieren". Auf Hinweise zu Missständen habe das Land mehrfach reagiert, Auflagen erteilt und auch vorübergehend die Belegung gestoppt. So wurde nach Ministeriumsangaben 2010 auch eine Fixierung der eingewiesenen Minderjährigen untersagt.
Es gebe keinen Anlass zur Annahme, dass das Landesjugendamt die Heime nicht ausreichend kontrolliert, sagte Münch. "Die Haasenburg gehört zu den am stärksten kontrollierten Einrichtungen." In der Regel seien Mitarbeiter des Landesjugendamtes einmal pro Monat im Kontakt mit der Haasenburg, hieß es. Die Einrichtung sei auch ihren Meldepflichten unter anderem bei sogenannten Antiaggressionsmaßnahmen nachgekommen und habe zugesagt, mit der Untersuchungskommission zu kooperieren.
Die Kommission werde sowohl die aktuelle Situation in den geschlossenen Heimen des Trägers als auch mögliche Fälle aus zurückliegenden Jahren untersuchen, sagte Münch. Dabei gehe es nicht um kriminalistische oder juristische Sachverhalte, sondern vor allem um fachliche Fragen wie die Eignung des pädagogischen Konzeptes und dessen Umsetzung. Ein Abschlussbericht mit Empfehlungen für die weitere Arbeit wird bis zum Jahresende erwartet.
Vorsitzender der bislang fünfköpfigen unabhängigen Kommission ist der Berliner Diplom-Psychologe Martin Hoffmann. Weitere Mitglieder sind der Chefarzt der Kinder- und Jugendpsychiatrie des Krankenhauses Eberswalde, Hubertus Adam, der Leiter der Jugendhilfe Nordwestbrandenburg in Wittenberge, Hans Hansen, der Sozialpädagogik-Professor Karlheinz Thimm von der Evangelischen Hochschule in Berlin und die ehemalige Leiterin des Jugendamtes Ostprignitz-Ruppin, Inge Scharnweber.
Geplant sind unter anderem Gespräche mit Jugendlichen und Mitarbeitern der Haasenburg sowie Hospitationen, sagte Hoffmann. Er gehe davon aus, dass sich dabei auch "ein reales Bild ergeben wird".
Die Berliner "tageszeitung" berichtet seit Mitte Juni über Misshandlungsvorwürfe gegen die Haasenburg. Dabei geht es auch um zwei länger zurückliegende Todesfälle. Das Ministerium hat daraufhin vor knapp zwei Wochen unter anderem eine Hotline eingerichtet. Dort haben sich nach Ministeriumsangaben bislang 17 Anrufer gemeldet, die über Eindrücke von der Haasenburg berichtet haben, darunter auch ehemalige Insassen und frühere Mitarbeiter.
Die Haasenburg GmbH unterhält im brandenburgischen Jessern bei Beeskow und in Unterspreewald bei Lübben Heime mit geschlossenen Plätzen für sogenannte freiheitsentziehende Maßnahmen bei Kindern und Jugendlichen. Diese können nur auf Antrag der Sorgeberechtigten von Familiengerichten angeordnet werden. Dort sind den Angaben zufolge derzeit Minderjährige aus 14 Bundesländern untergebracht. (epd)
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