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Jugendlicher bestätigt Vorwürfe: Haasenburg verklagt Bildungsministerium

Zwei der geflohenen Jugendlichen erzählen detaiiliert, was ihnen widerfahren ist. Die Haasenburg hält den Belegungsstopp dennoch für völlig überzogen, ruft mögliche Opfer aber zur Anzeige auf.

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Potsdam - Auch der zweite aus einem Haasenburg-Heim in Brandenburg ausgerissene, aber zurückgekehrte Jugendliche hat die Misshandlungsvorwürfe gegen den Betreiber im Gespräch mit Mitarbeitern des Landesjugendamtes bestätigt. Das sagte eine Sprecherin des Bildungsministeriums am Montag den PNN. „Er hat geschildert, was er bei Anti-Aggressionsmaßnahmen erlebt hat“, sagte die Sprecherin. „Er hat damit in Teilen Dinge bestätigt, die auch der andere Jugendliche ausgesagt hat.“

Anfang Juli zitierte die „Hamburger Morgenpost“ diesen nun von den Behörden in Brandenburg befragten Jugendlichen mit den Worten: „Nur weil ich wütend auf den Tisch geschlagen habe, wollten die Erzieher mir als Bestrafung alle persönlichen Sachen wegnehmen. Da sind sechs Erzieher gekommen, haben mich zu Boden gerungen und mir die Arme auf dem Rücken verdreht.“ Das Landesjugendamt habe nun mit dem Jugendlichen telefoniert, sagte die Ministeriumssprecherin. Bei dem Gespräch sei ausdrücklich darauf Wert gelegt worden, dass der Jugendliche allein ist und nicht unter Druck gesetzt wurde.

Ein 15-Jähriger aus dem Saarland war früher zurückgekehrt und befragt worden. Seine Aussagen waren in der vergangenen Woche Auslöser dafür, dass Bildungsministerin Martina Münch (SPD) einen Belegungsstopp für die Haasenburg-Heime und eine Beschäftigungsverbot gegen drei Mitarbeiter verhängt hatte. Die Haasenburg darf keine neuen Jugendlichen aufnehmen. Der 15-Jährige hatte zuvor gegenüber Medien berichtet, dass ihm bei einer sogenannten Begrenzung ein Arm ausgekugelt wurde. Ein weiterer 16-Jähriger aus Berlin gilt noch immer als vermisst und wird von der Polizei gesucht. „Er hatte sich an die Tageszeitung „taz“ gewendet, von Misshandlungen und Demütigungen berichtet: „Ein Junge, der weglaufen wollte, den haben sie auf den Boden geworfen und Arme und Hände verdreht. Dabei hätte einfach festhalten gereicht. Der hat noch gefleht: Bitte nicht so doll, nicht so doll.“ Einer anderen Zeitung sagte er: „ Ich sollte auch in den Müllcontainer steigen, dann hat ein Erzieher ein Foto gemacht, das rumgeschickt und erzählt, ich würde Müll fressen.“

Die Angaben widersprechen der Darstellung der Hamburger Sozialbehörde. Diese hatte nach der Flucht der drei Jugendlichen erklärt, es gebe keine Anhaltspunkte für die Misshandlung Hamburger Jugendlicher in Heimen der Haasenburg.

Am Dienstag rief der Haasenburg-Betreiber aber mögliche Opfer von Misshandlungen zu Anzeigen auf. Anzeigen bei der Polizei oder der Staatsanwaltschaft "wären das Beste, was uns passieren kann", weil die Vorwürfe dann auch umfassend und unabhängig geprüft werden könnten, sagte Sprecher Hinrich Bernzen am Dienstag in Hamburg dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Die Haasenburg GmbH, die insgesamt drei Heime in Brandenburg betreibt, will aber nun juristisch gegen den verfügten Belegungsstopp vorgehen. „Wir lassen dies vom Verwaltungsgericht überprüfen“, sagte ein Sprecher des Unternehmens. „Wir halten das Vorgehen komplett für überzogen. Das ist eine Vorverurteilung.“ Zudem kritisierte er, dass sich zwei Landesbehörden in der Darstellung der Vorwürfe widersprechen.

Die Ministeriumssprecherin dagegen sagte, Belegungsstopp und Beschäftigungsverbot werden „aufrechterhalten, bis zur Aufklärung aller Vorwürfe und Widersprüche“. Parallel ermittelt die Staatsanwaltschaft Cottbus. Eine von Münch eingesetzte Untersuchungskommission soll bis Jahresende die Haasenburg prüfen. (mit epd)

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