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Brandenburg: Häftling aus Kriminalgericht Moabit geflohen

28-Jähriger nutzte eine Verhandlungspause, um aus einem Toilettenfenster in die Freiheit zu springen

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Berlin - Der Sprung ging vier Meter in die Tiefe – und direkt in die Freiheit: Gestern ist erneut ein Straftäter am Rande einer Gerichtsverhandlung seinem Bewacher entkommen. Der 28-jährige Hassan Ch. nutzte eine Pause, um aus einem Toilettenfenster im ersten Stock zu flüchten. Der Wachtmeister hatte auf dem Flur des Kriminalgerichts Berlin-Moabit vor der Tür zu den öffentlichen Toiletten gewartet. Bis zum Abend fahndeten rund 150 Polizeibeamte und Justizwachtmeister im Gerichtsgebäude Moabit nach dem Häftling – bislang erfolglos. Erst vor etwa einem Jahr war ein Angeklagter aus dem Gerichtssaal geflohen.

Hassan Ch., der zu einem libanesischen Großfamilienclan gehört, sitzt derzeit eine zweijährige Haftstrafe wegen Diebstahls mit Waffen ab. Gestern um 9 Uhr wurde ein weiteres Verfahren verhandelt: Zusammen mit seinem mutmaßlichen Komplizen Selcuk Y. (27) soll er im April versucht haben, in einen Getränkemarkt in Berlin-Neukölln einzubrechen. Um kurz vor 11 Uhr wurde die Verhandlung unterbrochen, damit die Angeklagten zur Toilette gehen konnten. Beide wurden von Wachleuten begleitet.

Ein Wachtmeister führte Hassan Ch. zum etwa 20 bis 30 Meter entfernten Besucher-WC und postierte sich auf dem Flur vor der Tür, wie Gerichtssprecher Arnd Bödeker sagte. Gegen 11.10 Uhr soll der Wachtmeister den Alarm ausgelöst haben. Daraufhin wurden automatisch alle Ein- und Ausgänge von der Hauptwachtmeisterei im Kriminalgericht geschlossen. Selcuk Y. soll später erklärt haben, dass er vom Verschwinden seines Kumpels nichts bemerkt habe.

Doch nach Informationen dieser Zeitung wäre es gar nicht nötig gewesen, Hassan Ch. auf die Besucher-Toilette zu schicken. In der so genannten Vorführzelle, die sich nicht weit vom Saal C106 befindet, wäre ein Klo mit vergitterten Fenstern gewesen. Ob der Wachtmeister laut Vorschrift angehalten war, dem Gefangenen auf der Toilette zumindest mit bis zur Kabine zu folgen, wollte gestern Gerichtssprecher Bödeker nicht weiter kommentieren. Nur so viel: „Die Aufgabe der Wachtmeister ist es, sicherzustellen, dass der Gefangene nicht entweichen kann.“

Hassan Ch., ein bulliger Typ von 1,70 Metern Größe, trug bei seiner Flucht ein kariertes Hemd und eine helle Hose. Handfesseln hatte man ihm nicht angelegt, da dies bei Angeklagten, bei denen keine Anhaltspunkte für eine Flucht vorliegen, nicht üblich sei.

T. Buntrock/K. Gehrke

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