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Brandenburg: Hafturteile gegen drei Hells Angels Tätowierer musste Schutzgeld zahlen

Potsdam/Beelitz - Die Worte der Richterin waren eindeutig: „Man kann froh sein, dass es keine Verletzten und Toten gab.“ Das sei beim Rockerclub Hells Angels keine Seltenheit.

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Potsdam/Beelitz - Die Worte der Richterin waren eindeutig: „Man kann froh sein, dass es keine Verletzten und Toten gab.“ Das sei beim Rockerclub Hells Angels keine Seltenheit. Getötet wurde nur ein von einer Koppel gestohlenes Schaf, der Kadaver als blutige Botschaft vor die Haustür eines Tätowierers in Beelitz (Potsdam-Mittelmark) gelegt. Für die Vorsitzende Richterin Ulrike Phieler-Morbach „eine klare Morddrohung“.

Weil sie von einem Besitzer eines Tattoo-Studios Schutzgeld erpresst haben, sind am Donnerstag vor dem Landgericht Potsdam drei Hells Angels Mitglieder zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Darunter ein 42-Jähriger aus dem inneren Führungszirkel der Rockerbruderschaft in Berlin, der ein Jahr Haft wegen Beihilfe für räuberischen Erpressung bekam. Ein 23-Jähriger, den er als Mentor persönlich betreut hatte, muss als Haupttäter für viereinhalb Jahre ins Gefängnis – wegen schwerer räuberischer Erpressung. Er hatte im Oktober 2009 das Schaf getötet. Ein weiterer 42 Jahre alter Rocker wurde zu zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt.

Die Staatsanwaltschaft will gegen das aus ihrer Sicht zu milde Urteil Revision vor dem Bundesgerichtshof (BGH) einlegen. Sie hatte höhere Haftstrafen von acht und neun Jahren für die beiden Älteren, die Anführer des Haupttäters gefordert. Dennoch war der Prozess für die Ermittler ein Glücksfall, wie die Richterin sagte. Denn das Opfer sagte aus - was selten geschieht. An zehn Verhandlungstagen zeigte sich, wie die Hells Angels Geschäfte machen. Weil der Tätowierer sich in einem Zeugenschutzprogramm befindet, wurde seine Aussage per Video-Schaltung in das von der Polizei schwer bewachte Gericht übertragen. Gegen das martialische, für viele beängstigende Auftreten der Rocker mit ihren Club-Insignien erließ das Gericht ein „Kuttenverbot“, was vom Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg bestätigt wurde.

Das Opfer hatte Anfang 2008 Hilfe bei den Rockern gesucht, um sein Tattoo-Studio in Beelitz aufzumachen. Monatlich 25 Prozent seines Umsatzes musste er dafür bei den Hells Angels aus Berlin abgeben. Von August 2008 bis September 2009 erpressten sie monatlich Schutzgeld in Höhe von 600 bis 1200 Euro. Als das Geschäft lahmte, nahm der Tätowierer nach eigener Aussage einen Kredit bei ihnen auf – konnte den aber nicht pünktlich begleichen. Die Hells Angels-Mitglieder stockten ihre Forderung auf, drängten ihn zur Aufgabe des Ladens, drohten ihm „den Kopf abzureißen“ und „mit einer Drahtschlinge die Eier“ abzuschneiden. Die Zeichen waren eindeutig: Der 23-Jährige Nachwuchsrocker hatte stets einen großen Hammer bei sich, wenn er ins Tattoo-Studio kam. Schließlich gab das Opfer den Laden aus Angst an seinen Angestellten ab. Aber auch der sollte dann Erlöse an die Rocker abführen.

Die brandenburgische CDU-Fraktion sprach nach dem Urteil von einer „besorgniserregenden Entwicklung“ und forderte ein bundesweites Verbot „krimineller Rockerbanden“. Diese seien kriminelle Vereinigungen, die gegen Strafgesetze und die verfassungsmäßige Ordnung verstießen. Allein in diesem Jahr „gab es in Brandenburg 200 strafrechtliche Ermittlungsverfahren“, hieß es. Alexander Fröhlich

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