zum Hauptinhalt

Brandenburg: HAJ statt TXL

Hunderte Urlauber stranden nachts in Hannover – ohne Essen, Trinken oder Transfer nach Berlin

Stand:

Berlin - Knapp drei Stunden dauert der Flug von Mallorca nach Tegel normalerweise. Am Mittwoch wurde für Hunderte Passagiere der Air-Berlin-Tochter Niki daraus eine Tortur: fast zehn Stunden Verspätung, Zwischenstopp in Stuttgart und Hannover, von dort aus Heimreise auf eigene Kosten. „Das war unter aller Menschenwürde, besonders für die Kleinen an Bord“, klagt Passagierin Jessica Boye. Mit Ehemann und dreijährigem Sohn hatte sie den Urlaub auf Mallorca verbracht. Die Familie strandete in Hannover, gemeinsam mit etwa 180 Passagieren und einem weiteren vollen Niki-Flugzeug von der griechischen Urlaubsinsel Kos, das auch nicht in Tegel landen konnte.

Ohne Betreuung durch die Crew, ohne Essen und Trinken. Das Debakel der Familie Boye ging auf Mallorca los: Statt um 16 Uhr rollte die Boeing erst um 19.45 Uhr auf die Startbahn. „Da gab es schon Gerüchte, dass ein Stopp in Stuttgart geplant ist, um die Crew auszutauschen“, erzählt Boye. Der kam tatsächlich – um 21.30 Uhr. Laut Lars Wagner, Sprecher der Berliner Flughafengesellschaft, war da schon klar, dass die Maschine nicht vor dem Nachtflugverbot um 23 Uhr in Tegel landen würde. „Trotzdem lag uns bis 23 Uhr kein Antrag wegen Verspätung vor, mit dem die Maschine eine Ausnahmegenehmigung bekommen hätte“, sagt er. Weniger als eine Stunde bevor das Nachtflugverbot anfängt, hob die Maschine in Stuttgart ab. Zunächst flog sie in den Berliner Luftraum – ohne jedoch dort zu landen. „Man sieht seine Hauptstadt, kreist darüber und merkt nur, dass man nicht landet“, sagt Boye. Es sei unruhig in der Maschine geworden. Nach einer Viertelstunde habe sich der Pilot gemeldet: Es gebe keine Landeerlaubnis für Tegel. Auch keine für Schönefeld. Man müsse nach Hannover.

Stimmt nicht, widerspricht Flughafensprecher Wagner. „Wir hatten die Erlaubnis erteilt, in Schönefeld zu landen. Aus für uns nicht nachvollziehbaren Gründen hat sich der Pilot dagegen entschieden, obwohl er schon in der Schleife für den Landeanflug war.“ Stattdessen habe die Besatzung einen Verspätungsantrag für Tegel gestellt – zu spät. Nächster Halt: Hannover. Gratisgetränke gibt die Crew nicht aus, nicht mal an die Kleinkinder an Bord. Um Mitternacht landen die Passagiere – knapp 300 Kilometer von ihrem Ziel entfernt. In Hannover endet die Betreuung. Busse nach Berlin standen nicht bereit, kamen aber laut Airline später. Familie Boyle wollte sich darauf nicht verlassen: Sie ergatterte einen der letzten Mietwagen. Ankunft in Berlin: kurz nach 4 Uhr morgens. Kosten für den Mietwagen: 150 Euro. Stellungnahme von Niki: „Wir bedauern die Unannehmlichkeiten für unsere Passagiere.“ Niki bestreitet, dass Schönefeld eine Landeerlaubnis erteilt hätte.

Erst Ende Juli hatten sechs Maschinen von Easyjet und Ryanair wegen Unwetters nicht in Berlin landen können und mussten nach Hannover und Rostock umgeleitet werden. Die gestrandeten Passagiere riefen die Polizei, die den Katastrophenschutz verständigte. Helke Ellersiek

Helke Ellersiek

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })