Bundesrichter blockiert Landessozialgericht Berlin-Brandenburg: Hängepartie geht weiter:
Eilantrag gegen Präsidenten-Ernennung von Sabine Schudoma.
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Potsdam - Der Bundesverwaltungsrichter hat es besonders spannend gemacht. Erst am vergangenen Freitag, am letzten Tag der Einspruchsfrist gegen die Ernennung von Sabine Schudoma zur Präsidentin des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg, trudelte das Schreiben von Peter Wysk beim Verwaltungsgericht Potsdam ein. Entsprechende PNN-Informationen bestätigte am Montag ein Gerichtssprecher.
Damit kann Brandenburgs Justizminister Stefan Ludwig (Linke) der bisherigen Präsidentin des Sozialgerichts Berlin vorerst die Ernennungsurkunde für den Posten am Landesgericht in Potsdam nicht übergeben. Der Eilantrag von Wysk, Jahrgang 1955, auf Aussetzung der Ernennung blockiert das gesamte Verfahren bis auf Weiteres.
Aus Justizkreisen in Potsdam hieß es allerdings, es sei offen, ob der Eilantrag überhaupt Erfolg haben kann. Die Rede ist von möglichen Formfehlern. Aus Sicht des Justizministeriums ist der Eilantrag nur der erste Schritt zu einer Konkurrentenklage, sollte das Verwaltungsgericht dem Antrag stattgeben. Aber selbst in diesem Fall wird Wysk in Justizkreisen wenig Aussicht auf Erfolg beschieden. Er sei nicht umsonst im Auswahlverfahren unterlegen, hieß es. Im Gegensatz zu Schudoma, die in Berlin jahrelang das größte Sozialgericht der Bundesrepublik führte, hat Wysk keinerlei Erfahrung bei der Leitung eines Gerichts. Und in seiner Richterkarriere hatte er auch nie etwas mit Sozialrecht zu tun. Seit er 2009 nach seiner Laufbahn in Nordrhein-Westfalen zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig wechselte, hat er vor allem mit Rechtsfragen bei Jagd, Fischerei, Landwirtschaft, Lebensmittel, Vermögenszuordnung, Gesundheitsverwaltung und Verkehr zu tun.
Aber selbst wenn Wysk keinen Erfolg haben wird, so tritt dennoch ein, was die Landesregierung in Potsdam und der Senat in Berlin, vor allem aber das Landessozialgericht selbst unbedingt vermeiden wollten: Dass das Gericht führungslos wird. Ende des Jahres geht der Vize-Präsident des Landessozialgerichts Herbert Oesterle in Pension; bereits ab Ende September hat er frei. Ohne Schudomas offizielle Ernennung hätte das Gericht keinen Chef. Nicht ausgeschlossen ist, wie bei Besetzungsverfahren üblich, dass sich der Streit über Monate, wenn nicht Jahre, hinzieht. In der Richterschaft ist der Groll entsprechend groß, es fallen Sätze wie dieser: Selbst Bundesrichter würden offenbar am Ende ihrer Karriere für das eigenen Fortkommen nicht davor zurückschrecken, Sand ins Getriebe der Justiz zu streuen.
Seit Ende 2013, als der Posten vakant wurde, währte die Hängepartie samt politischer Ränke zwischen Potsdam und Berlin, aber auch innerhalb des Senats, um die Besetzung des Postens. Rechtzeitig vor der Abgeordnetenhauswahl im September kam die offizielle Entscheidung vom Richterwahlausschuss und den Landeskabinetten.
Das lange Besetzungsverfahren seit 2013 war mehrfach wiederholt worden. Beim ersten Mal ging Schudoma als Siegerin hervor. Doch Berlins Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) intervenierte im Juni 2014 und setzte einen Neuanlauf durch, um Konkurrentenklagen zu verhindern. Grund war ein Verfahrensfehler Brandenburgs. In der zweiten Runde gewann wieder Schudoma, die als SPD-nah gilt. Dann die nächste Intervention von Heilmann Ende Januar 2015, weil im Oktober 2014 – ein Jahr und vier Monate nach Fristablauf – eine Bewerbung eines CDU-nahen Bundessozialrichters einging. Im nächsten Verfahren gewann der Bundesrichter. Doch dann sperrte sich die Senatskanzlei des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD) und verlangte einen Neustart. Der Bundessozialrichter schmiss entnervt hin. Der Weg für Schudoma war frei.
Ende September lagen die Nerven in den Justizverwaltungen in Potsdam und Berlin wieder blank. Bei einer Tagung des Gerichts in Brandenburgs Justizakademie in Königs Wusterhausen (Dahme-Spreewald) sprachen Heilmann und Brandenburgs Justizstaatssekretär Ronald Pienkny (Linke) von neuen Schwierigkeiten, es könnte zu Verzögerungen kommen. Ein unterlegener Konkurrent, nämlich Wysk, habe Einsicht in die Akten zum Bewerbungs- und Auswahlverfahren verlangt.
Noch am vergangenen Donnerstag, einen Tag vor Fristablauf, zeigte sich Justizminister Ludwig im Rechtsausschuss des Landtags durchaus zuversichtlich, dass die Zitterpartie nun doch einen Ende nehmen und er Schudoma alsbald die Ernennungsurkunde überreichen könnte. Doch Peter Wysk kennt sich aus, er hat die Frist eingehalten. Alexander Fröhlich
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