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Brandenburg: Hass ohne Hemmungen

Özcan Mutlu forderte mehr Demokratieerziehung in Schulen. Dafür bekam er nun Morddrohungen

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Berlin - Der Berliner Bundestagsabgeordnete Özcan Mutlu (Grüne) hat nach einem von ihm verfassten Beitrag auf den Tagesspiegel-Onlineseiten Morddrohungen erhalten. An diesem Dienstag will er zur Bundestagspolizei gehen und Strafanzeige erstatten. Dabei war die Forderung, die Mutlu erhob, wahrlich nicht skandalös: Er plädierte für mehr Demokratieerziehung und politische Bildung an Schulen. Auf rechten Seiten im Internet sei sein Text verlinkt und mit dem Aufruf versehen worden, ihm Hass-Mails zu schreiben, berichtete Mutlu am Montag.

Auch er selbst habe den Text verlinkt und auf Facebook gestellt. Dort seien dann Kommentare erschienen wie „Öczan Mutlu du gehörst umgelegt du Ratte“, „Grüner Türken-Nazi!“ und „Türke, verpiss Dich“. „Früher habe ich so etwas klein gehalten und nicht thematisiert“, sagte Mutlu am Montag. „Aber jetzt ist eine Grenze überschritten. Die Menschen müssen wissen, was für Hass sich da breitmacht.“

Natürlich ist das nicht die erste Hasspost, die Mutlu bekam, und er ist auch nicht der einzige Betroffene – fast alle Politiker mit ausländischen Namen machen ähnliche Erfahrungen. Der Berliner Linken-Abgeordnete Hakan Tas berichtet: „Ich bekomme regelmäßig Hasspost und indirekte Morddrohungen.“ Er hatte auch schon SS-Runen an seiner Haustür. Auch die grüne Abgeordnete Canan Bayram, die Rechtsanwältin ist und sich viel für Flüchtlinge einsetzt, bekommt ständig Hassbriefe.

Tas bekommt nicht nur Post von deutschen Rechten, sondern auch von „türkischen Faschisten und türkischen Islamisten“, weil er sich für Kurden und gegen Hassprediger geäußert hat. „Die rechtsradikale Entwicklung in Deutschland macht mir Angst“, sagt Tas. Dass es diese Entwicklung gibt, bestätigten Rechtspolitiker und Verfassungsschützer vor vier Monaten bei einer Veranstaltung des Deutschen Richterbunds in Berlin. „Es gibt einen rasanten Anstieg rechter Taten, und die Hemmschwellen sinken“, hatte Thomas Beck, Leiter der Abteilung Terrorismus beim Generalbundesanwalt, dort gesagt. Und dass seine Behörde dies mit „großer Sorge“ beobachte. Rechtsextreme Attacken treffen auch regelmäßig die Ehrenamtlichen, die in Flüchtlingsheimen arbeiten – sie stehen weniger in der Öffentlichkeit und können sich daher noch schlechter wehren. Fatina Keilani

Fatina Keilani

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