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Brandenburg: Havemanns Anhörung vor der Fraktion erinnert an ein Happening

POTSDAM .Die PDS hat Florian Havemann noch nicht als ihren Kandidaten für das Verfassungsgericht nominiert, da bricht schon der Streit aus, ob er für dieses Amt geeignet ist.

POTSDAM .Die PDS hat Florian Havemann noch nicht als ihren Kandidaten für das Verfassungsgericht nominiert, da bricht schon der Streit aus, ob er für dieses Amt geeignet ist.Für ihn sei der Kreuzberger Künstler als Verfassungsrichter "nicht akzeptabel", erklärte CDU-Fraktionschef Wolfgang Hackel gestern.Die PDS habe den Sohn des DDR-Dissidenten Robert Havemann allein wegen seines Namens vorgeschlagen und brüskiere das Verfassungsgericht.SPD-Fraktionschef Wolfgang Birthler meinte hingegen, für ein Urteil über die Qualifikation Havemanns sei es zu früh, doch müsse die PDS, sollte sie ihn nominieren, auch begründen, weshalb sie gerade ihn für geeignet halte.

Dienstag 11 Uhr, PDS-Fraktion: Die Anhörung Havemanns erinnert an ein Happening.Journalisten und Kamerateams drängeln sich im überfüllten Raum.Ununterbrochen geht die Tür auf, strömen Neugierige herein.Die Blicke der Fraktionsmitglieder schwenken ständig von Havemann zur Tür und zurück.Der 47jährige Maler, Musiker, Bühnenbildner scheint den Wirbel zu genießen.Lang und breit klärt er die Genossen, darunter bewährte Altkommunisten, über sein Leben als "DDR-68er" auf, wie er gegen den Einmarsch in die CSSR protestierte, verhaftet wurde und in den Westen desertierte.Die PDS-Genossen verziehen keine Miene, manchen merkt man an, daß ihnen der Renegat suspekt ist.

Offen sagt das niemand, doch werden lustige Fragen gestellt: Er sei Musiker, ob er denn, wenn eines seiner Stücke in New York aufgeführt werde, die Sitzung des Verfassunsgerichtes sausen lassen würde? Offenbar traut man ihm Disziplin nicht zu: Er sei nicht so durchgeknallt, daß er nur seinem Ego folge, beruhigt Havemann die Genossen.Er werde während einer Sitzung auch keine Gedichte schreiben.

Nach den Motiven Havemanns, seiner Qualifikation für das Amt, forscht niemand, warum auch.Fraktionschef Lothar Bisky hat Havemann ausgewählt.Die Frage, wo er Konflikte mit der Brandenburger Verfassung habe, versteht Havemann wohl falsch: Er wolle nicht in einem Polizeistaat leben.Konkreter und sachkundiger ist die zweite PDS-Kandidatin: Sarina Jegutidse, eine Anwältin aus Potsdam, die auf den Widerspruch zwischen hehren Staatszielen und der rauhen Wirklichkeit aufmerksam macht.Sie widerspricht Havemann einmal, als dieser erklärt, juristischen Sachverstand am Verfassungsgericht "aufbrechen" zu wollen: So abgehoben seien die Richter von der Wirklichkeit nicht.

Teilnehmer der Anhörung äußerten sich gestern eher skeptisch, ob Havemann, selbst wenn ihn die PDS-Fraktion nominieren sollte, zum Verfassungsrichter gewählt wird: "Er wird der SPD zu kritisch sein", sagt der PDS-Abgeordnete Stefan Ludwig.Die meisten würden wohl den dritten Kandidaten Volkmar Schöneburg favorisieren, doch wird noch geprüft, ob der Hochschullehrer gewählt werden kann.Anders als bei Daniela Dahn will sich SPD-Fraktionschef Wolfgang Birthler diesmal nicht festlegen: "Wir warten ab, wen die PDS nominiert, dann werden wir die Kandidaten anhören." Die Anhörung werde im Landtag freigegeben.

CDU-Fraktionschef Hackel dagegen hält eine Anhörung Havemanns nicht für nötig: "Was wir über ihn wissen, ist ausreichend." Auch Havemann selbst ist skeptisch: "Ich glaube nicht, daß ich als freischaffender Künstler gewählt werden kann."

MICHAEL MARA

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