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Rocker wehren sich: Hells Angels wollen gegen Verbot klagen

Die Polizei sucht weiterhin nach der undichten Stelle. Zu einer Sondersitzung hatte für Freitag der Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses geladen.

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Berlin - Dem niedergeschossenen Chef der Berliner Hells Angels geht es wohl besser. Der schwer verletzte André Sommer kann einem Sprecher des Rockerclubs zufolge wieder laufen. Bis zu 20 Schritte habe Sommer im Virchow-Klinikum der Charité gemacht, sagte der Mitbegründer der deutschen Hells Angels, Rudolf „Django“ T. am Freitag. Der 47-jährige Sommer war am Sonntag in Hohenschönhausen mit sechs Schüssen lebensgefährlich verletzt worden. Der Gastronom war bis vor kurzem Präsident des Hells-Angels-Charters „Nomads“ im Osten der Stadt, ist verheiratet und hat zwei Söhne. Bislang hat der Rocker nur mit seiner Familie gesprochen. Die Klinik wird schwer bewacht – die Polizei hat Angst, der Schütze könnte erneut zuschlagen.

„Wir haben keine Ahnung, wer der Täter ist“, sagte Rocker-Sprecher T. Man könne ausschließen, dass der Schütze aus den eigenen Reihen stamme. Die Hells Angels müssen sich nach den Verboten der vergangenen Wochen neu organisieren, Beobachter hatten interne Fehden erwartet. Auch ein Anschlag durch einen Mann der konkurrierenden Bandidos wird für möglich gehalten, ein Clubssprecher sagte dazu nichts. Der Schütze muss kein Rocker sein, im Rotlichtmilieu sind die Hells Angels auch mit Männern anderer Gruppen aneinandergeraten.

Zu einer Sondersitzung hatte für Freitag der Innenausschuss des Abgeordnetenhauses geladen. „Wir haben es mit einem der brutalsten und gefährlichsten Phänomene in der Stadt zu tun“, sagte Innensenator Frank Henkel (CDU). In Berlin waren kürzlich Verbotsverfügungen gegen drei Ableger von Hellls Angels und Bandidos erlassen worden, die Rocker aber offenbar vorab informiert worden. Deshalb war die amtierende Polizeipräsidentin Margarete Koppers in den Ausschuss geladen worden.

Einen Tag vor der geplanten Razzia hätten Journalisten von „Spiegel Online“ der Polizeipressestelle mitgeteilt, dass sie wüssten, dass am nächsten Morgen ein Verbot gegen die Hells Angels vollstreckt werden soll, so Koppers. Man habe vergeblich gebeten, einen Bericht zurückzustellen – vor der geplanten Razzia ging ein entsprechender Artikel online. Der Personenkreis, aus dem die vertraulichen Informationen stammen könnten, sei groß. Von der Verbotsverfügung hätten Mitarbeiter der Berliner Polizei, von mehreren Bundes- und Landesministerien und verschiedenen Einsatzgruppen gewusst. Weil einige Angaben falsch, andere richtig waren, käme niemand aus der Einsatzleitung als Informant infrage. Offen sei, ob die „sensiblen Informationen von einer oder mehreren Personen geflossen sind und wer davon zuerst Kenntnis erhielt“, also die Rocker durch die Journalisten oder umgekehrt, weil die betroffenen Clubs schon aus anderen Quellen oder aber dem aufmerksamen Beobachten der Vorgänge der vergangenen Monate die Verbote vorhergesehen hatten. Was Koppers zufolge gegen das Durchsickern des Verbotstermins zu den Rockern spricht: In Berlin haben Beamte zu dieser Zeit ranghohe Hells Angels aus den USA angetroffen. Nach wie vor gelten die Nordamerikaner in der Rockerhierarchie als einflussreich – sie dürften sich kaum wissentlich in die Gefahr begeben, von der Polizei überprüft zu werden.

Gegen das vollstreckte Verbot ihres Reinickendorfer Charters wollen die Hells Angels vor dem Verwaltungsgericht klagen. Sprecher Rudolf „Django“ T. bestätigte am Freitag, eine Klage werde vorbereitet. Desweiteren erwägen die Rocker den Aufbau einer neuen Berliner Ortsgruppe. „Seit geraumer Zeit ist die Gründung eines neuen Berliner Charters in Planung“, sagte Rudolf „Django“ T.. Er bestätigte Gerüchte um eine neue Hells-Angels-Dependance im Osten der Stadt. „Sollte es dazu kommen, wird das Charter 'East District' heißen.“ Hannes Heine

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