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Leitung. Henkel mitten in einer Affäre – und am Telefon im Abgeordnetenhaus.

© dapd

Brandenburg: Henkels Prüfung

Berlins Innenausschuss verlangt Antworten zur V-Mann-Affäre. Ex-Innensenator Körting zieht Konsequenzen

Stand:

Berlin - Die Oppositionsfraktionen im Berliner Abgeordnetenhaus werden Innensenator Frank Henkel (CDU) am heutigen Dienstag in der Sondersitzung des Innenausschusses in die Mangel nehmen, um Aufklärung in der V-Mann-Affäre zu erhalten. Dabei geht es nicht nur um die Vorgänge von vor zehn Jahren, sondern auch um Henkels Aussagen gegenüber dem NSU-Bundestags-Untersuchungsausschuss und den Abgeordneten des Landesparlamentes. Denn bis zum vergangenen Donnerstag ging man in der Stadt und im Bundestag davon aus, dass es keine Verbindung nach Berlin gibt. Dabei war Henkel bereits im März über die Aussagen des V-Manns Thomas S. informiert. Einen eigenen Berliner Untersuchungsausschuss fordert die Opposition derzeit nicht. Sollten die Fragen an den Innensenator aber nicht beantwortet werden, sei ein Landesuntersuchungsausschuss nicht ausgeschlossen, hieß es.

„Wir stehen ganz am Anfang der Aufklärung“, sagte Benedikt Lux, Innenexperte der Berliner Grünen, am Montag. Henkel habe bislang nur oberflächlich von den Vorgängen berichtet. Der Chef der Linksfraktion, Udo Wolf, bezeichnete einen etwaigen Berliner Sonderermittler, wie ihn der Innensenator jetzt einsetzen will, als „durchsichtiges Manöver zur Ablenkung von eigener Verantwortung“. Der Untersuchungsausschuss des Bundestages habe selbst schon die Funktion eines Sonderermittlers, um das „Versagen bis hin zur Komplizenschaft der Sicherheitsbehörden“ mit Rechtsextremen aufzuklären. Henkel müsse nun erklären, warum er das Abgeordnetenhaus belogen und die Berliner Vorgänge und Akten vorenthalten habe.

Nach Auffassung Christopher Lauers, des Fraktionschefs der Piraten, ist Henkels Agieren in diesem Fall ein weiteres Beispiel für seine generell schlechte Informationspolitik. Als Ausschuss habe man es schwer, seiner Kontrollpflicht nachzukommen, wenn man wesentliche Fakten lediglich durch die Presse oder andere Veröffentlichungen erhalte. Lauer möchte wissen, warum Berlin anders als andere Bundesländer keinen eigenen Beobachter im Bundestags-Untersuchungsausschuss hat.

Beim Koalitionspartner SPD hält man sich am Montag mit Stellungnahmen zurück. Der CDU-Innenpolitiker Stephan Lenz wiederum sieht „sein Informationsrecht als Abgeordneter nicht verletzt“. Der Innensenator habe abwägen müssen zwischen dem Aufklärungsinteresse der Abgeordneten und dem Ermittlungsinteresse der Generalbundesanwaltschaft. „Da hat die Strafverfolgung Vorrang“, sagt Lenz. Die Äußerung Henkels am Donnerstag im Abgeordnetenhaus, er sei gerade erst über den Untersuchungsausschuss mit dem Vorgang konfrontiert worden, wollte Lenz nicht bewerten.

„Wir kriegen immer nur das, wo wir aus anderen Quellen wissen, dass es da was geben muss“, monierte Grünen-Innenexperte Hans-Christian Ströbele im RBB-Inforadio. So hätten die Berliner Behörden auf Nachfragen nicht eingeräumt, dass ein V-Mann der Polizei ein NSU-Unterstützer gewesen sei. „Das kann man nur als Lüge bezeichnen“, sagte Ströbele.

Konsequenzen aus der V-Mann-Affäre zog am Montag Ehrhart Körting (SPD), Vorgänger Henkels im Amt des Innensenators. Obwohl er „nach meiner sicheren Erinnerung“ als Senator mit dem Vorgang Thomas S. weder 2002 noch später befasst gewesen sei, stehe er für die weitere Mitarbeit in der Bund-Länder-Kommission Rechtsterrorismus nicht mehr zur Verfügung, schrieb Körting dem Vorsitzenden der Innenministerkonferenz (IMK), Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU). Er habe von Thomas S. erstmals erfahren, als der NSU-Untersuchungsausschuss in der vergangenen Woche den Fall öffentlich gemacht habe. Da sich für Körting jetzt ein Berliner Bezug zum NSU-Komplex ergibt, „werde ich jeden Anschein einer Befangenheit vermeiden“. Caffier habe, so hieß es, Körtings Schritt bedauert.

Gegenüber den PNN betonte der Berliner Ex-Senator, er habe nie Details über den Einsatz von V-Leuten erfahren. Darum habe er sich auch nicht kümmern können, dafür seien die Experten von Polizei und Verfassungsschutz zuständig. Allenfalls bei heiklen Lagen, beispielsweise einem bevorstehenden NPD-Parteitag, seien ihm Berichte vorgelegt worden, in denen von „Quellenmeldungen“ die Rede war. Wer dahinter steckte, habe er nicht erfahren, sagte Körting.

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