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Brandenburg: Hinter Schloss und Ziegel
Auf der Baustelle für das Humboldt-Forum geht es voran. Der Rohbau soll im Dezember fertig sein. Am Sonntag ist Tag der offenen Tür, bei dem sich so manches schon erahnen lässt
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Berlin - Gleich zu Anfang der Baustellenbesichtigung hat Manfred Rettig eine Enttäuschung parat: Berichtenswerte Probleme gebe es beim Bau des Humboldtforums nicht. „Die Arbeit läuft reibungslos ab, wir kommen mit unseren 590 Millionen Euro aus, und es gibt keine Terminprobleme“, sagt der Vorstand der Stiftung Berliner Schloss – Humboldtforum.
Man glaubt es gern angesichts des schnellen Wachstums der Baustelle – das zweite Obergeschoss wird betoniert – und der regen Betriebsamkeit der rund 150 Arbeiter, die hier jeden Tag tätig sind: Es wird gehämmert, gebohrt, gesägt und laut gerufen, der Boden ist übersät mit Metallstangen, Schläuchen und Werkzeugen. Sieben Kräne drehen sich über dem zu zwei Dritteln fertiggestellten Rohbau, der im Dezember komplett sein soll. Am kommenden Sonntag wird hier auch viel los sein, denn die Stiftung lädt zum bislang zweiten Tag der offenen Tür auf der Baustelle ein. Mitarbeiter aller beteiligten Institutionen und Planerbüros stehen für Fragen zur Verfügung, Bildhauer der Schlossbauhütte erläutern ihre Arbeit, und Besucher können an großen Modellen sehen, was aus den rohen Räumen werden soll.
Der erste Tag der offenen Tür hatte vor einem Jahr stattgefunden – damals war gerade der Grundstein gelegt worden. 15 000 Besucher kamen damals; für den Sonntag rechnet Rettig mit ähnlichen Zahlen. Die Gäste erhalten am Sonntag eine Vorstellung von den Dimensionen des Gebäudes. „Hier würden 400 Einfamilienhäuser reinpassen“, sagt Rettig. Besichtigt werden können unter anderem die große Fußgängerpassage, der Schlüterhof und die große Eingangshalle, in der später einmal Konzerte und andere Großveranstaltungen stattfinden sollen. Im alten Schloss war die Halle oben offen – im neuen wird sie von einem 30 Meter hohen Glasdach bedeckt sein. Über dem nahe gelegenen Eingangsportal ragt bereits eine Menge Stahl aus dem Beton. „Dort kommt dann die Kuppel rauf“, erklärt Rettig. Ebenfalls nachvollziehen können die Besucher die künftige Kreuzung, durch die das Humboldtforum Tag und Nacht durchquerbar sein wird. Vandalismus fürchtet Rettig nicht: „Wenn Graffiti-Sprayer Respekt vor einem Gebäude haben, dann tasten sie es eigentlich nicht an. Das kann man auch auf der Museumsinsel sehen.“
Anfang 2018 möchte die Stiftung den Bau im Wesentlichen abgeschlossen haben, ab Mitte 2019 soll dann mit der Eröffnung der Museen, des Restaurants, des Museumsshops und des Sprachen- Zentrums der Zentralen Stadt- und Landesbibliothek (ZLB) begonnen werden. Sollte die ZLB Platzprobleme bekommen, könnte sie durch einen Clou erweitert werden: Vom Schloss zum gegenüberliegenden Marstall führt ein Tunnel – laut Rettig könnte dieser genutzt werden, wenn die ZLB dort Räume nutzen wolle.
Rettig tritt in den Bereich zwischen Eingangshalle und Fußgängerpassage und zeigt nach links und rechts: „Auf die eine Seite kommt eine Steintreppe, auf die andere eine Rolltreppe.“ Dafür habe man sich wegen der erwarteten hohen Besucherzahlen entschieden; die Stiftung rechnet im Humboldtforum mit etwa drei Millionen Gästen jährlich. Noch braucht es Fantasie, um sich den kahlen Rohbau als kulturelles Zentrum und Veranstaltungsort vorzustellen, doch Manfred Rettig besitzt zweifellos Vorstellungskraft: „Hier könnte man auch einen Weltwirtschaftsgipfel abhalten“, sagt der Architekt.
Fantasie braucht man auch noch für die Fassade: Mit ihr wird im Frühjahr 2015 im Sockelbereich begonnen. Die Mehrkosten für die barocke Rekonstruktion betragen 80 Millionen Euro, die durch Privatspenden zusammenkommen sollen. Vor allem über den Förderverein Berliner Schloss sind laut Stiftungssprecher Bernhard Wolter 19 Millionen Euro an Barspenden eingegangen, dazu kommen Sachleistungen, die der Förderverein mit etwa zehn Millionen Euro ansetzt.
Bis vor Kurzem seien die Spender noch zurückhaltend gewesen, sagt Rettig, doch seit der Rohbau wächst und die künftige Gestalt des rekonstruierten Berliner Schlosses immer sichtbarer wird, sei das Aufkommen deutlich gestiegen. „Dank einem Großspender können wir nun auch die Sandsteinelemente in der historischen Kuppel bauen.“ Zudem seien etwa 85 Prozent der Gipsmuster der Schmuckelemente für die Fassade fertig. Gut möglich, dass sich bald weitere Spender melden, wenn sie am Sonntag die ersten Schritte durch das Stadtschloss gehen. Dazu braucht es nur gutes Wetter – und etwas Fantasie.
Tag der offenen Tür in der Baustelle des Humboldtforums, Sonntag, 1. Juni, 10 bis 18 Uhr, Eintritt frei
nbsp;Erik Wenk
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