Brandenburg: Hinter verschlossenen Türen Piraten debattieren intensiv über ihren Fraktionschef
Berlin - Das Bemühen um Normalität war unübersehbar. Die Fraktionssitzung der Piraten im Berliner Abgeordnetenhaus begann pünktlich.
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Berlin - Das Bemühen um Normalität war unübersehbar. Die Fraktionssitzung der Piraten im Berliner Abgeordnetenhaus begann pünktlich. Zuerst wurden Anträge über Sprachkurse für Migranten oder die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt abgearbeitet. Dann stellte der Abgeordnete Alexander Morlang den Antrag, die Öffentlichkeit auszuschließen, um hinter verschlossenen Türen die Kontroverse um Fraktionschef Christopher Lauer auszutragen, „um Klartext zu reden“. Sieben Stimmen gab’s dafür, zwei Enthaltungen und sechs Gegenstimmen.
Lauer hatte am Freitag ungenannte Mitglieder der Fraktion beschuldigt, Gerüchte über ihn über Vetternwirtschaft in Umlauf gebracht zu haben. Lauer sowie Fraktionsgeschäftsführer Heiko Herberg drohten den Urhebern der Gerüchte mit Sanktionen bis zum Fraktionsausschluss. Bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe gab es noch keine Ergebnisse dieser Sitzung. Hintergrund ist, dass Lauer seit Dezember mit der Mitarbeiterin der Fraktionskollegin Susanne Graf liiert ist und die Mutter der Mitarbeiterin im April zur Leiterin der Pressestelle befördert wurde. Für Lauer kein Fall von Vetternwirtschaft, da die Arbeitsverhältnisse schon bestanden hätten, bevor es eine persönliche Beziehung gab.
Auf heftige Kritik stieß Lauers Vorgehen unter anderem bei Graf. Sie warf ihm vor, von ihm nicht informiert worden zu sein, obwohl es auch um ihre Mitarbeiterin ging. Sie habe das Vertrauen in Lauer verloren, schrieb Graf am Wochenende. Ob sich Lauer an der Fraktionsspitze halten kann, wird sich in drei Wochen zeigen. Am 11. Juni wird der Vorstand neu gewählt. Außer ihm und dem Co-Fraktionsvorsitzenden Andreas Baum gibt es bisher keine weiteren Kandidaten für die Ämter an der Spitze; Herberg ist der einzige Kandidat für den Posten des Parlamentarischen Geschäftsführers.
Der Abgeordnete Gerwald Claus-Brunner hält die Behauptung Lauers, dass ein Fraktionsmitglied die Vorgänge anonym öffentlich gemacht und gezielt an Medien weitergegeben hat, für nicht haltbar. Er halte nichts von Verschwörungstheorien.
Stunden bevor die Fraktionssitzung begann, bekam Lauer Unterstützung vom Landesvorstand der Partei. Transparenz bedeute manchmal auch, dass diese Offenheit gegen einen selbst verwendet wird. „Tatsachen durch anonyme Hinweise zu verfälschen und dadurch einen normalen Einstellungsvorgang öffentlich zu skandalisieren, hat nichts mit Whistleblowing zu tun und ist inakzeptabel“, erklärte der Vorstand: „Wir lehnen eine derartige Meinungsmache ab.“ Sigrid Kneist
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