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Brandenburg: Hinterm Horizont ist Schluss

Bis Ende August läuft das Lindenberg-Musical, danach schließt das Theater am Potsdamer Platz. Die Berlinale bleibt

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Berlin - Wäre die Angelegenheit, besonders für die direkt Betroffenen, nicht so traurig, könnte man von einer Ironie des Schicksals sprechen. Ausgerechnet solche Songzeilen sollen die letzten sein? „Hinterm Horizont geht’s weiter, / ein neuer Tag, / hinterm Horizont immer weiter, / zusammen sind wir stark.“ Noch bis 28. August läuft im Theater am Potsdamer Platz das Udo Lindenberg-Musical „Hinterm Horizont“, danach geht in dem am Marlene-Dietrich-Platz gelegenen Haus erst mal das Licht aus.

Die Berliner Ost-West-Geschichte, einst ein Erfolg, leidet unter Publikumsschwund, ein neues erfolgversprechendes Stück steht derzeit nicht zur Verfügung, und so hat sich der Betreiber, der in Hamburg ansässige Branchenriese Stage Entertainment GmbH Deutschland, zur Schließung entschlossen. Wieweit die Bühne danach genutzt wird, ist offen, Stage Entertainment bleibt weiterhin Mieter des Gebäudes. So ist offenbar gesichert, dass auch nach dem Aus fürs Musical die Berlinale dort wie gewohnt stattfinden kann. Beim Filmfestival zeigt man sich gelassen: „Die Berlinale hat für die Nutzung des Theaters einen mehrjährigen Mietvertrag abgeschlossen“, sagte Festivalsprecherin Frauke Greiner. „Wir gehen davon aus, dass die Premieren auch in den kommenden Jahren im Berlinale Palast stattfinden werden.“

Die Entscheidung war den Mitarbeitern am Montag mitgeteilt worden. Es habe die Kollegen sehr unvorbereitet getroffen, sagte Unternehmenssprecher Stephan Jaeckel. Etwa 100 Mitarbeiter seien betroffen.

„Hinterm Horizont“ wird nun also erst mal das Ende sein. Das Stück – unter der Regie von Ulrich Waller, nach einem Buch von Thomas Brussig und mit 29 Songs von Udo Lindenberg – lief seit Januar 2011 rund 200 Mal vor mehr als zwei Millionen Zuschauern. Lange Zeit sei es ein Erfolg gewesen, in den vergangenen drei, vier Monaten seien die Kartenverkäufe „deutlich gesunken“, für das Unternehmen eine „Frühwarnung“, dass ein Abgleiten in die Verlustzone drohe. Solch ein Abflachen des Interesses nach einer gewissen Zeit sei nicht ungewöhnlich, doch es fehle in diesem Fall eine erfolgversprechende „Anschlussbespielung“.

Das Aus liegt auch in der neuen Firmenstruktur begründet: Der 73-jährige Stage- Gründer Joop van der Ende hatte 60 Prozent seiner Anteile an den Finanzinvestor CVC Capital Partners verkauft. „In den kommenden fünf Jahren können wir von heute zehn Millionen Besuchern pro Jahr auf dann 20 Millionen jährlich wachsen“, so hatte CVC damals die eigenen Erwartungen an den Deal formuliert. Sinkende Zuschauerzahlen wie am Potsdamer Platz passen da schlecht.

Alles sei danach überprüft worden, Innovationen seien durchdacht, programmatische Überlegungen angestellt worden, beschrieb es Jaeckel. Am Ende stand die Entscheidung, das Haus zu schließen. Zwar erfreut sich das Unternehmen nach Jaeckels Darstellung insgesamt erfreulicher Resonanz beim Publikum, sehr viele der Musicals seien erfolgreich, mit dem seit 14 Jahren laufenden „König der Löwen“ als Spitzentitel. Für den Potsdamer Platz hat man aber keinen Ersatz.

Ein Umzug eines anderswo erfolgreichen Stückes sei verworfen worden, andere Stücke, für die Stage die Lizenz besitze, befänden sich erst im Entwicklungsstadium, und neue auf dem Weltmarkt angebotene Musicals passten fürs deutsche Publikum oft thematisch und musikalisch nicht. Angesichts dieses Risikos habe man sich zu dem harten Schritt entschlossen.

Das Unternehmen ist in Berlin mit der seit elf Jahren unvermindert erfolgreichen „Blue Man Group“ am Potsdamer Platz und dem auf Tourneen spezialisierten Theater des Westens in der Kantstraße präsent. Dort läuft ab 24. Januar wieder „Ich war noch niemals in New York“ mit Songs von Udo Jürgens, im April folgt der „Tanz der Vampire“ nach dem Film von Roman Polanski.Andreas Conrad

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