Brandenburg: Hochschul-Professoren kassierten zu viel
Auch das Brandenburger Wissenschaftsministerium ist von der Trennungsgeldaffäre stark betroffen
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Auch das Brandenburger Wissenschaftsministerium ist von der Trennungsgeldaffäre stark betroffen Von Michael Mara Potsdam - Die brandenburgische Trennungsgeld-Affäre hat größere Ausmaße als bisher bekannt. Nach Informationen der PNN ist es auch im Wissenschaftsministerium gehäuft zu ungerechtfertigten Entschädigungszahlungen für getrennten Wohn- und Arbeitsort gekommen. Bisher konzentrierten sich die Vorwürfe auf das Justizministerium. Jetzt hat der Landesrechnungshof – er untersucht seit einigen Monaten die Trennungsgeld-Zahlungen aller Ministerien – von185 überprüften Fällen im Wissenschaftsressort 162 beanstandet. Insgesamt sollen dort zwischen 1991 und 2003 rund 1,2 Millionen Euro Trennungsgeld zu viel gezahlt worden sein, wie aus der Landesregierung zu erfahren war. Der Rechnungshof selbst lehnte jede Stellungnahme zu dem der Regierung vorliegenden Prüfbericht ab. Unter den beanstandeten Fällen ist auch der erste brandenburgische Wissenschaftsminister Hinrich Enderlein (FDP). Inoffiziell wird im Kulturministerium von „keinem gravierenden Fall“ gesprochen: Enderlein habe nach den Prüfergebnissen des Rechnungshofes einen „kleineren Betrag“ offenbar unberechtigt erhalten, hieß es. Nach Recherchen der PNN sind Enderlein 1992 rund 5000 DM (etwa 2500 Euro) Trennungsgeld gezahlt worden. Es soll dem im November 1990 zum Minister berufenen Enderlein nicht zugestanden haben, da er in Berlin eine Wohnung hatte, einen Dienstwagen fuhr und das Geld zu spät (nach Ablauf der so genannten Ausschlussfrist von einem Jahr) beantragt wurde. Enderlein selbst sagte den PNN: „Wenn da etwas nicht in Ordnung war, zahle ich das Geld selbstverständlich zurück.“ Die weitaus meisten und gravierenden Beanstandungen betreffen die Hochschulen, nämlich 139 von insgesamt 162 bemängelten Fällen. Auffallend ist, dass fast alle an den Hoch- und Fachhochschulen überprüften Fälle vom Rechnungshof beanstandet wurden. Die Universität Potsdam ist mit 22 Fällen betroffen, die TU Cottbus mit 31 und die Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) ebenfalls mit 31. Wie zahlreichen hohen Justizbeamten wurden nach den Prüfergebnissen des Rechnungshofes in den neunziger Jahren auch vielen Professoren zu Unrecht Entschädigungen wegen getrenntem Wohn- und Dienstort gezahlt. Besonders krasse Fälle: Ein lediger Professor der Universität Viadrina kassierte unberechtigt rund 92000 DM (etwa 46000 Euro), eine leitende Mitarbeiterin der Fachhochschule Potsdam über 82000 DM (etwa 41000 Euro). Hauptgründe für die beträchtlichen Überzahlungen im Wissenschaftsressort sind fehlende Kenntnis der Rechtsvorschriften und ihre fehlerhafte Anwendung durch das Ministerium und nachgeordnete Behörden. In einer Anzahl von Fällen waren Antragsteller nicht uneingeschränkt umzugswillig oder lehnten angemessenen Wohnraum ab, so dass nach den gesetzlichen Regelungen kein Trennungsgeld hätte gezahlt werden dürfen. Die für die Entschädigungszahlungen notwendigen Nachweise wurden oft nicht erbracht. Ähnliche Ergebnisse brachten schon vor einiger Zeit Überprüfungen durch externe Expertenkommission für das Justizministerium: Dort sind von rund 1350 Trennungsgeld-Fällen 309 Vorgänge beanstandet worden und müssen überprüft werden. Seit dem 1. Dezember ist ein neuer Arbeitsstab mit der Bearbeitung beauftragt worden. Rückforderungsbescheide sind nach Auskunft der neuen Justizministerin Beate Blechinger (CDU) bisher noch nicht abgeschickt worden. Dem Vernehmen nach drängt Staatskanzlei-Chef Clemens Appel die betroffenen Ressorts, Rückforderungen zügig geltend zu machen.
Michael Mara
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