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Brandenburg: Hohe Haftstrafen für Hells Angels

Prozess um Racheakt zwischen Rockenklubs. Gewalttat war Auslöser für Verbote

Stand:

Potsdam - Dieser Fall war ein Auslöser für das Verbot mehrerer Rockerklubs Anfang Juli. Nun sind vor dem Landgericht Potsdam am Donnerstag zwei Mitglieder der Hells Angels wegen versuchten Mordes zu hohen Haftstrafen verurteilt worden. Es geht um eine Messerattacke auf das Mitglied des gegnerischen Gremium MC Weihnachten 2011. Die 30 und 23 Jahre alten Männer sollen für zwölf sowie zwölf Jahre und drei Monate ins Gefängnis. Wegen weiterer Gewaltstraftaten muss der Jüngere insgesamt 16 Jahre und drei Monate absitzen. Zudem müssen die Rocker 22 000 Euro an das Opfer zahlen. Die Verteidiger wollen in Revision gehen. Ein mitangeklagter Rocker kam mangels Beweisen frei. Für die rund einjährige Untersuchungshaft wird er entschädigt.

Nach Ansicht des Gerichts hat sich die blutige Rockerfehde am 25. Dezember 2011 in Königs Wusterhausen (Dahme- Spreewald) zugetragen. Das heute 27 Jahre alte Opfer, Adam U., hatte den Präsidenten der „Hells Angels Oder-City“ aus Frankfurt (Oder) zuvor als „Assi“ beleidigt. Für die Hells Angels war die Angelegenheit also eine Frage der Rockerehre, eine Beleidigung eines Klubpräsidenten gilt bei den Rockern als schweres Vergehen. Schließlich kamen am ersten Weihnachtsfeiertag etwa zehn Mitglieder der Hells Angels nach Königs Wusterhausen, holen aus der örtlichen Diskothek mehrere Männer heraus, einer der Hells Angels sagt, alle Gremium-Mitglieder sollen vortreten, und: „Wer den Präsidenten beleidigt, stirbt.“ Adam U. wird mit einem Schlagring von der Seite ins Gesicht geschlagen, er wird gepackt und gegen einen Zaun gedrückt. Von hinten stechen ihm die Angreifer mit einem Messer zweimal in den Rücken in die Nierengegend und verletzen ihn schwer. Er konnte nur durch eine Notoperation gerettet werden, die Stiche waren 12 und 15 Zentimeter tief. Es war reines Glück, dass die inneren Organe nicht verletzt wurden. Es war ein Racheakt und eine Machtdemonstration“, sagte Richter Frank Tiemann am Donnerstag.

Die Messerattacke hatte weitreichende Folgen. Die Gremium-Rocker wollten Rache nehmen, am Silvesterabend 2011 griffen sie einen unbeteiligten 16-Jährigen vor der Diskothek in Königs Wusterhausen an, offenbar eine Verwechslung. Die Rocker hatten den Jugendlichen fast zu Tode geprügelt, sie sollen den Jugendlichen getreten, mit Gegenständen geschlagen und mit Messern auf ihn eingestochen haben. Erst als sie das ohnmächtige Opfer für tot hielten, sollen sie von ihm abgelassen haben. Im Krankenhaus konnten die Ärzte das Leben des Jungen nur durch eine stundenlange Notoperation retten. Zu diesem zweiten Vorfall in Königs Wusterhausen läuft derzeit ein Prozess gegen vier Gremium-Rocker vor dem Landgericht Cottbus.

Nach dieser Gewalteskalation zwischen den Rockerklubs in Berlin-Brandenburg, die erstmals auch Unbeteiligte traf, griffen die Sicherheitsbehörden hart durch. Anfang Juli verbot Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) einen in Sachsen und Brandenburg aktiven Gremium-Ableger. Brandenburgs Innenministerium verbot die „Hells Angels Oder City“ und deren Unterstützerklub. Anlass sind Vorfälle in Königs Wusterhausen, aber es wurden auch Straftaten wie Körperverletzung, Geiselnahme, Erpressung und Betrug vorgeworfen .

Die Verteidiger halten auch deshalb das Potsdamer Urteil für politisch motiviert. „Der Richter wollte ein Exempel statuieren und seinem Ruf als Hardliner gerecht werden“, sagte Stefan Tierel. Sein Mandant sei nicht an der Messerattacke beteiligt gewesen. Das Opfer hätte die Männer nur aufgrund der auffälligen Tätowierungen im Gesicht und am Hals identifiziert. Tatsächlich stützte das Landgericht sein Urteil auf die Aussagen des Opfers, das sich von seinen Rockerkumpanen hintergangen fühlte, „reinen Tisch“ machen wollte, eine neue Identität erhielt und sich im Zeugenschutzprogramm befindet. Allerdings hatte es bei den Ermittlungen der Polizei auch Fehler gegeben, wie das Gericht kritisierte. Es ging um handwerkliche Mängel bei der Lichtbildvorlage zur Identifizierung der Täter und bei den Aussaugeprotokollen. Alexander Fröhlich

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