Brandenburg: Honorarstreit: Ärzte drohen mit längeren Wartezeiten Ein Fall für den Schiedsrichter: Streit mit den Kassen um Budget für Brandenburgs Mediziner
Potsdam - Patienten im Land Brandenburg drohen deutlich längere Wartezeiten, weniger Hausbesuche und mitunter längere Wege bis zum nächsten Arzt. Hintergrund ist der aktuelle Streit zwischen den Ärzten und den Krankenkassen um die Vergütung der Behandlungskosten in Brandenburg für das laufende Jahr.
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Potsdam - Patienten im Land Brandenburg drohen deutlich längere Wartezeiten, weniger Hausbesuche und mitunter längere Wege bis zum nächsten Arzt. Hintergrund ist der aktuelle Streit zwischen den Ärzten und den Krankenkassen um die Vergütung der Behandlungskosten in Brandenburg für das laufende Jahr. Während die Kassen das zur Verfügung stehende Budget gegenüber 2012 um 2,47 Prozent kürzen wollen, fordern die Ärzte wegen des besonders hohen Durchschnittsalters und den damit vergleichsweise hohen Behandlungskosten im Land wenigstens zehn Prozent mehr Geld als bisher. Nachdem die regulären Verhandlungen zwischen den Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg (KV) im Februar gescheitert waren, treffen sich beide Parteien am heutigen Donnerstag vor der Schiedsstelle in Potsdam. Die bisherige Position der Kassen bezeichneten die Ärzte Union Brandenburg und der Hartmannbund am gestrigen Mittwoch als „Provokation und Unverschämtheit“.
Wie berichtet hatten sich Kassen und Ärzte erst im vergangenen Oktober nach ebenfalls zähen Verhandlungen auf einen bundesweiten Orientierungswert für 2013 geeinigt, auf dessen Grundlage seit Anfang des Jahres die regionalen Budgets ausgehandelt werden. Vor allem angesichts der Ergebnisse in Sachsen, Thüringen oder Sachsen-Anhalt, wo für dieses Jahr bis zu zwölf Prozent mehr Geld bereitgestellt wird, sei das aktuelle Angebot ein Skandal, erklärte der Vorsitzende der Ärzte Union Brandenburg, Hartmut Uhl. Einen Zuschlag von zehn Prozent bezeichnete der Rathenower Hausarzt und stellvertretende Vorsitzende des Hartmannbundes Brandenburg, Hanjo Pohle, am Mittwoch als „untere Verhandlungsbasis“. „Die Menschen in Brandenburg sind nachweislich älter als im Bundesdurchschnitt, und sie sind kränker. Deshalb benötigen sie einfach mehr ärztliche Versorgung“, so Pohle. Ursprünglich waren die brandenburgischen Ärzte mit einer Forderung von 20 Prozent mehr in die Verhandlungen gegangen. Die Kassen ihrerseits aber weigern sich bislang, die aus Sicht der Ärzte für Brandenburg spezifische Lage anzuerkennen.
Sollten die Kassen am heutigen Donnerstag nicht einlenken, erwartet Uhl auch Konsequenzen für die Versicherten. „Denn dann müssen die Ärzte und Psychotherapeuten ihre Leistungen der von den Kassen zur Verfügung gestellten Geldmenge anpassen“, so Uhl. Der Vorsitzende der Ärzte Union geht davon aus, dass die Mediziner gezwungen wären, etwa die Zahl der Hausbesuche zu reduzieren oder weniger Termine pro Tag zu vergeben. „Wir wollen das nicht, aber wir können dann nicht anders“, meinte Uhl weiter.
Weder von der AOK Nordost noch vom Verband der Ersatzkassen Brandenburg (Vdek), die als Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassenverbände mit der KV verhandeln, war am gestrigen Mittwoch eine Stellungnahme zu bekommen. Bei der AOK Nordost verwies man auf das für heute anberaumte Treffen vor der Landesschiedsstelle.
Laut Pohle wären die Fachärzte von der beabsichtigten Kürzung der Vergütung um insgesamt 17,6 Millionen Euro sogar noch stärker betroffen als die Hausärzte. „Bereits jetzt werden nur etwa 80 Prozent der erbrachten Leistung vergütet“, erklärte der stellvertretende Vorsitzende des Hartmannbundes Brandenburg. „Die werden es als Erstes merken und möglicherweise nicht mehr so viele Untersuchungen wie früher anbieten. Die können dann ja gar nicht mehr anders“, so Pohle.
Ein „schlechtes Signal“ ist das Angebot der Kassen nach Pohles Meinung auch für den Ärztenachwuchs. Das sieht auch Uhl so: „Wir haben bundesweit die geringste Arztdichte, uns fehlen Ärzte und Psychotherapeuten und dann senden die Kassen ein Signal, bei dem auch die letzten interessierten jungen Mediziner einen weiten Bogen um Brandenburg machen werden.“
Laut der KV Brandenburg gibt es in Brandenburg derzeit 183 freie Hausarztsitze und 46 freie Facharztsitze. Kommen in Deutschland auf einen Facharzt durchschnittlich 1155 Einwohner, sind es in Brandenburg 1416. Selbst andere ostdeutsche Flächenländer wie Mecklenburg-Vorpommern (1:1271) oder Sachsen-Anhalt (1:1302) weisen ein besseres Verhältnis auf.
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