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Brandenburg: „Hören Sie Fluglärm?“ Schönefelds Bürgermeister Udo Haase über seine wachsende Gemeinde und Forderungen ans Land

Schönefeld gilt als eine der reichsten Gemeinden im Land, was machen Sie mit all den Millionen?Das ist Unsinn!

Stand:

Schönefeld gilt als eine der reichsten Gemeinden im Land, was machen Sie mit all den Millionen?

Das ist Unsinn! Wir sind sicher keine reiche Gemeinde. Im Gegenteil: Wir haben einen defizitären Haushalt. Was uns verärgert, ist, dass wir so viel abgeben müssen. Wir haben zwar über 90 Millionen Euro Steuereinnahmen, müssen aber davon 48 Millionen Euro an den Landkreis und weitere 30 Millionen Euro an das Land abgeben, welches dieses Geld unter allen Kommunen des Landes verteilt. Und dann sind da noch die 12 Millionen Euro, die wir für Löhne und Gehälter unserer Mitarbeiter aufbringen müssen.

Aber solange der BER nicht läuft und diese Einnahmen fehlen, brauchen Sie ja auch noch nicht so viel in die Infrastruktur stecken?

Auch das ist falsch. Wir brauchen eine gute Infrastruktur für diesen Hauptstadtflughafen. Nichts wäre schlimmer, als wenn der BER eröffnet und die Fluggäste stehen im Stau. Denn wenn der Flughafen richtig an den Start geht, wird hier enorm viel Verkehr entstehen. Wir brauchen viele Straßen, Kreisverkehre und Erschließungen. Wir plädieren daher seit Jahren – vergeblich – dafür, dass das Land dieses Geld nicht unter den Kommunen in Brandenburg verkleckert, sondern in diese Region im Flughafen-Umfeld investiert.

Auch ohne BER ist Schönefeld eine wachsende Gemeinde. Zieht es denn trotz des zu erwartenden Fluglärms so viele Menschen hierher?

Hören Sie Fluglärm? Hier ist kein Fluglärm. Betroffen sind die Ortsteile Selchow, Waßmannsdorf, Waltersdorf, Kiekebusch und besonders das benachbarte Blankenfelde-Mahlow. Schönefeld ist in der Tat eine rasant wachsende Kommune. Zur Wende waren das hier landwirtschaftlich geprägte Gemeinden mit 5500 Einwohnern. Diese Zahl hat sich inzwischen auf 15 000 fast verdreifacht. Ich rechne mit 30 000 bis 35 000 Einwohnern in den nächsten 15 bis 20 Jahren. Der Druck aus der Hauptstadt auf dem Wohnungsmarkt hat erheblich zugenommen, hinzu kam der große Zuzug von Flüchtlingen. Das ist ja alles unabhängig von der Entwicklung des Flughafens.

Zieht denn auch der BER schon konkret Neubürger an?

Ja, Mitarbeiter des Flughafens Tegel suchen Wohnungen in der Nähe ihres künftigen Arbeitsplatzes. Hinzu kommen die vielen Firmen, die sich hier ansiedeln, um ihre Waren und Dienstleistungen weltweit zu vertreiben. Allein im Ortsteil Schönefeld rechnen wir daher mit 8000 bis 10 000 neuen Einwohnern, im Ortsteil Großziethen mit mehr als 1100 neuen Wohnungen. Wir haben in Schönefeld Freitag vor einer Woche den ersten Spatenstich für 100 von 1000 neuen Wohnungen vollzogen, die allein eine Firma hier bauen will. Ein weiterer Grund: Schönefeld ist super angebunden. Wir haben zwei Autobahnen, es gibt S-Bahnen, einen Fernbahnhof. Und wir haben ja einen Flughafen, der schon funktioniert mit über zehn Millionen Passagieren im Jahr.

Sind denn schon jetzt so viele Unternehmen da?

Wir haben jetzt 2400 Firmen, und wir hoffen natürlich, dass sich mit dem Flughafen die positive Entwicklung fortsetzt. Gleich neben dem Rathaus baut jetzt eine Logistikfirma eine Halle mit 25 000 Quadratmetern. Aber alle gehen natürlich davon aus, dass sie ganz andere Möglichkeiten haben, wenn der Flughafen mal da ist.

Wird der Flughafen nach ihrer Einschätzung Ende 2017 fertig?

Ja! Aber da ist viel Hoffnung dabei. Da ist so viel schiefgegangenen in den letzten Jahren, dass man nun erkennen muss – auch angesichts der wachsenden Zahlen –, dass man hier endlich zum Ziel kommen muss. Alles andere kann man ja keinem mehr erzählen.

Die Fragen stellte Klaus Peters

Udo Haase (64) hat 1992 als Hauptverwaltungsbeamter in Schönefeld angefangen und wurde 1997 zum Amtsdirektor gewählt. Seit Gründung der Gemeinde Schönefeld ist er Bürgermeister.

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