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Neu in der Männertruppe. Hubschrauberpilotin Melanie von Allwörden.

© dapd

Brandenburg: Hubschrauber mit Frauenpower

Melanie von Allwörden ist Deutschlands erste ADAC-Rettungspilotin. Im Notfall ist „Christoph 39“ in 120 Sekunden startklar

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Perleberg - Das neue Paar wird eine intensive Beziehung pflegen. Zwei- bis dreimal am Tag war „Christoph 39“ im vergangenen Jahr gefordert. So oft war der Hubschrauber der ADAC-Rettungsstation in Perleberg im Einsatz. Ein Pensum, mit dem sich Melanie von Allwörden anfreunden kann. „Denn jeder Tag, an dem ich fliegen kann, ist ein perfekter Tag“, sagt die gebürtige Hamburgerin. Sie ist unter den bundesweit 150 ADAC-Hubschrauberpiloten die erste Frau. Die Rettungsstation Perleberg im Nordwesten Brandenburgs ist seit kurzem ihre Basis.

Natürlich weiß Allwörden, dass jeder Flug ein Einsatz um Leben und Tod sein kann und dass sich jemand in einer Notlage befindet und ärztliche Hilfe braucht. 47.315 Rettungsflüge für 43.732 Patienten bilanzierte der ADAC im vergangenen Jahr für ganz Deutschland. Doch bei aller Anspannung und Ungewissheit, was sie an einer Unglücksstelle erwartet: „Ich fliege immer mit Leidenschaft“, sagt Allwörden.

Gespürt hat sie diese Leidenschaft schon als Kind, wenn es in den Ferien gen Süden ging. „Das Schönste am Urlaub war immer das Fliegen“, erinnert sie sich. Zunächst erfuhr ihr Traum, Pilotin zu werden, jedoch eine Bruchlandung. Beim harten Eignungstest bei der Lufthansa fiel sie durch. Also ging sie zur Hamburger Polizei, brachte es bis zur Hauptkommissarin und absolvierte schließlich eine Ausbildung zur Hubschrauberpilotin. Sieben Jahre saß sie im Cockpit eines Polizeihelikopters, suchte aus der Luft nach Vermissten oder dokumentierte Gewässerverunreinigungen. „Doch die Arbeit als Rettungsfliegerin hat mich zunehmend fasziniert“, begründet sie den Tausch von Polizeiuniform gegen den roten Overall der ADAC-Rettungsflieger.

Schlägt der Notrufpieper Alarm, ist Allwörden zwei Minuten später startklar. In 120 Sekunden hat die Pilotin ihr 4,5 Millionen Euro teures Arbeitsgerät über eine mobile Bühne aus dem Hangar gefahren, Arzt und Rettungsassistenten springen an Bord und „Christoph 39“ rotiert. Mit über 1.600 PS hebt der „Gelbe Engel“ ab.

Normalerweise umfasst das Einsatzgebiet der Perleberger Rettungscrew einen 70-Kilometer-Radius. „Aber wir fliegen auch bis Sachsen-Anhalt und Niedersachsen“, sagt Flying Doc Wolfgang Wachs. Patienten werden in Kliniken nach Schwerin, Hamburg, Lübeck, Potsdam oder Berlin geflogen. „Der Vorteil der Luftrettung ist, die Patienten schnell dahin zu bringen, wo sie optimal versorgt werden“, sagt der Rettungsarzt. „Sie fliegt sehr gut“, urteilt Wachs über seine neue Kollegin.

Nach fast 1400 Flugstunden ist von Allwörden trotz ihrer gerademal 34 Jahre eine durchaus erfahrene Pilotin. Erfahren genug, um sich beim Flug zum Einsatzort aufs Wesentliche zu konzentrieren. „Schlechtes Wetter ist immer eine Herausforderung“, sagt die Pilotin.

Enge Landeplätze an Notfallorten zwingen sie nicht selten zu schwierigen Manövern. Tief hängende Wolken, Strommasten oder Windkraftanlagen sind immer wieder Hindernisse, die sie neben den Steuerinstrumenten und Anzeigen im Cockpit im Blick haben muss. „Da muss man schon angestrengt schauen“, sagt sie. Ab und zu könne die Crew das Fliegen dennoch genießen: „Wenn es nach einem Einsatz zurück zur Basis geht und wir eine Schönwettererscheinung haben“, sagt die 34-Jährige.

Ihr Arbeitstag dauert von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang. Es gibt Tage, an denen der Pieper stumm bleibt und Melanie von Allwörden in die Aufenthaltsräume der Rettungsstation verbannt. Bei Alarm jedoch hat sie den schönsten Arbeitsplatz, den sie sich vorstellen kann - mit „Christoph 39“ 500 Meter über der Erde. Peter Könnicke

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