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Brandenburg: Hubschraubergedröhn und Staubwolken

Mehr als 1000 Leute füllen in Eisenhüttenstadt Sandsäcke, was das Zeug hältVON CLAUS-DIETER STEYER EISENHÜTTENSTADT.Der Dreck klebt am ganzen Körper.

Mehr als 1000 Leute füllen in Eisenhüttenstadt Sandsäcke, was das Zeug hältVON CLAUS-DIETER STEYER EISENHÜTTENSTADT.Der Dreck klebt am ganzen Körper.Überall hat sich der Sand festgesetzt.Die mehr als 1000 Helfer im Insel-Stadion von Eisenhüttenstadt werden jede Viertelstunde von neuem in Schmutzwolken eingehüllt.Hubschrauber des Bundesgrenzschutzes wirbeln soviel Staub auf, daß kurz sogar die Sonne verschwindet. Die Hubschrauber gehen bis etwa fünf Meter über dem Boden hinab.Unablässig nehmen sie zu Bündeln verschnürte Sandsäcke auf und entschwinden an die etwa zwei Kilometer entfernte Oder.Je nach Lage fliegen sie bis nach Ratzdorf an der Neiße-Mündung oder nach Norden zum gebrochenen Deich bei Brieskow-Finkenheerd.Vielleicht kann das Wasser an einem zweiten Damm zum Stehen gebracht werden. Im Eisenhüttenstädter Stadion werden unterdessen stündlich hunderte Sandsäcke gefüllt.Keiner kümmert sich um die dreckverschmierten Gesichter oder den Stoppelbart der jungen Männer."Wir haben die besten Leute aus der ganzen Bundesrepublik hier zusammengezogen", sagt der Einsatzchef des Technischen Hilfswerkes (THW) Hans-Hermann Mietz aus Salzwedel."Die Frauen und Männer können rackern.Die kennen den Ernst der Lage aus vielen Einsätzen.So etwas wie hier an der Oder hat freilich noch niemand erlebt." Mehrere Alarmgruppen halten sich für einen plötzlichen Bruch des Deiches bereit.Kleine Geländewagen können sofort an die Unglücksstelle ausrücken.Auch Laster mit größeren Booten und schweren Potonbrücken stehen abfahrtbereit.Dennoch können sich nicht alle Helfer voll und ganz auf ihren Katastropheneinsatz konzentrieren."Mehreren Kameraden droht der Verlust des Arbeitsplatzes", teilt Burkhard Holland, Ortsbeauftrager des THW in Haldensleben mit.Ihm seien aus seinem kleinen Verband allein fünf Fälle bekannt.Vor allem aus kleinen und mittleren Betrieben würden die Chefs nach der Arbeitskraft des Helfers an der "heimischen Werkbank" verlangen."Die kennen das Katastrophenschutzgesetz gar nicht, wonach die THW-Mitarbeiter freigestellt werden müssen", sagt Holland. Solche Sorgen plagen die auf dem Sandplatz versammelten rund 40 Asylbewerber aus der nahen Aufnahmestelle nicht.Die Männer aus Kenia, Sudan, dem Libanon, Afghanistan und anderen Ländern packen kräftig mit zu.Nur Richard Longe-Adodo aus dem Sudan liegt überraschend mit dreien seiner Landsleute im Schatten der Bäume und schläft.Verdutzt blickt er auf.Die Situation ist dem 27jährigen beim Blick auf das einem Ameisenhaufen gleichende Treiben im Stadion etwas peinlich."In unserer Heimat ruht zur heißen Mittagszeit die Arbeit.Nach einem kleinen Schläfchen rollt es doch viel besser", erzählt lächelnd der kräftige Mann, der wegen der Kämpfe zwischen Moslems und Christen aus seiner Heimat geflüchtet sei."Da reicht die Kraft dann bis weit in die Nacht", meint Longe-Adodo."Die letzten zwei Tage haben wir freiwillig von früh bis spätabends Sand geschaufelt - unterbrochen nur vom stärkenden Mittagsschlaf." Die Weisheiten der Afrikaner bringen etwas Abwechslung in die Arbeit der Sandschipper.Die Begriffe Asylanten oder Asylbewerber fallen auf dem Platz kaum noch.Es ist meist nur noch von Sudanesen, Libanesen oder Kenianern die Rede.Es sind sogar schon Vornamen gerufen oder besser gebrüllt worden, um gegen den Krach der Hubschrauber anzukommen.

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