Nach rechtsextremistischen Anschlägen: Hürden beim Kampf gegen braunes Netzwerk
Die Sicherheitsbehörden in Berlin und Brandenburg haben bei ihrem Vorgehen und einem Verbotsverfahren gegen das rechtsextremistische Netzwerk „Nationaler Widerstand Berlin“ mit einigen Hürden zu kämpfen.
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Potsdam/Berlin - Das deutete Brandenburgs Justizminister Volkmar Schöneburg (Linke) am gestrigen Freitag an. Die rechtsextremistische Gruppierung ist nur ein loser Verbund ohne feste Strukturen unter dem Signum der Internetseite „NW Berlin“. Die Internetplattform wird über einen Server in den USA bereitgestellt. „Damit ist ihre Strafverfolgung in Prinzip unmöglich“, sagte Schöneburg. Das hat zahlreiche Gründe. Oft habe der Provider, über den die strafbaren Inhalte verbreitet werden, seinen Sitz im Ausland. Ermittlungen über ein Rechtshilfeersuchen seien grundsätzlich möglich, aber die Veröffentlichung von volksverhetzenden Äußerungen und von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen seien im Ausland nicht strafbar, sagte Schöneburg. Rechtsextremisten würden verstärkt die Anonymität des Internets zur Vorbereitung von Straftaten nutzen. Beleg seien die jüngsten Attacken in Berlin und Brandenburg. Die Cottbusser Schwerpunkt-Staatsanwaltschaft für Computerkriminalität erwartet künftig steigende Verfahren wegen rechtsextremer Internetseiten.
Wie berichtet verschärfen Brandenburgs Sicherheitsbehörden ihren Kurs gegen die rechtsextremistische Szene im südlichen Berliner Umland. Grund sind mehrere Attacken in Brandenburg auf Wohnungen von Neonazi-Gegnern, linke Jugendklubs, ein Flüchtlingsheim und geschändete Mahnmale – wie sie sich auch in Berlin zugetragen haben. Brandenburgs Polizeipräsident Arne Feuring schaltete das Landeskriminalamt (LKA) ein, das eng mit den Berliner Behörden kooperiert. Hintergrund ist, dass Rechtsextremisten in Brandenburg nach dem Verbot mehrerer Kameradschaften nun unter dem Dach eines Netzwerks um die Internetseite „Nationaler Widerstand Berlin“ aktiv werden. Angriffe von Neonazis auf politische Gegner würden „von den Sicherheitsbehörden mit besonderem Nachdruck verfolgt“, hieß es. Auch Berlins Innensenator Frank Henkel hatte ein Einschreiten angekündigt. Es liege nahe, dass es sich um Einschüchterungsversuche aus dem rechtsextremen Spektrum handelt. „Das dürfen wir uns als Demokraten nicht bieten lassen“, sagte Henkel. Nach mehreren Angriffen werden das Anton-Schmaus-Haus des SPD-nahen Jugendverbandes Falken in Britz, aber auch Wohnungen wie die des Chefs der Initiative „Zossen zeigt Gesicht“ in Teltow Fläming nachts von der Polizei geschützt.
Neben den neuerlichen Übergriffen auf Neonazi-Gegner alarmiert die Sicherheitsbehörden die wachsende Zahl von rechtsextremistischen Straftaten nach dem Rückgang in den vergangenen Jahren. Bis Ende September waren es 1000, im Jahr zuvor im selben Zeitraum nur 900. Auffällig an den jüngsten Vorfällen ist ein Zusammenhang mit der Internetseite "Nationaler Widerstand Berlin". An mehreren Tatorten in den südlichen Bezirken Berlins und im angrenzenden Umland hinterließen die Rechtsexttremisten die Internetadresse. Die Sicherheitsbehörden betrachten das Netzwerk als „die zentrale Internetplattform des aktionsorientierten Rechtsextremismus“, die jetzt auch in Brandenburg Einfluss gewinnt und seit März im Land aktiv ist. In Seelow (Märkisch-Oderland), Beeskow, Fürstenwalde und Storkow (Oder-Spree), Zossen (Teltow-Fläming) und beim Anschlag auf das Asylbewerberheim in Waßmannsdorf in der Nacht zu Dienstag tauchte der Hinweis auf „NW Berlin“ auf. Zudem wird dem braunen Netzwerk ein Fackelaufmarsch in Hennigsdorf im Juli zugerechnet, bei dem 50 Neonazis „Sieg Heil“ sowie „Ruhm und Ehre der Waffen-SS“ skandiert hatten. Trotz einer Belohnung von 1 000 Euro hat die Staatsanwaltschaft noch keine Hinweise zu diesem Fall.
Auch der Berliner NPD-Chef Sebastian Schmidtke hatte für die Seite geworben, gilt als Kopf der Gruppierung, stammt aus Strausberg (Märkisch-Oderland), wo er auch in der Kameradschaftsszene aktiv war. Seit mehreren Verboten hat er die lose Organisation der Neonazis als „Freie Kräfte“ und „Autonome Nationalisten“ ohne offizielle Strukturen vorangetrieben - um Verboten zu entgehen.
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