Brandenburg: „Ich habe etwas Schlimmes gemacht“
Am Tatabend wusste Torben P, was er getan hatte, sagte eine Mitschülerin
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Berlin - Worte sind billig, hatte Torben P. zu Beginn seines Prozesses um die U-Bahn-Schlägerei gesagt, zugleich bereute der wegen versuchten Totschlags Angeklagte wortreich seine Tat. Nur: Wie ehrlich ist diese Reue? Und an was kann und will sich der 18-Jährige wirklich erinnern? Diese Fragen standen am dritten Prozesstag vor dem Berliner Landgericht im Mittelpunkt.
Der erste Mensch, dem sich der Schläger anvertraute, war Juliana K., 17 Jahre alt, eine Mitschülerin. Sie schildert den Richtern, wie sie Torben in der Tatnacht zufällig in der U-Bahn wiedertraf, nachdem man sich Stunden zuvor auf einer Geburtstagsparty in gelöster Stimmung voneinander verabschiedet hatte. Torben, erzählt sie, kauerte am Boden des Waggons, weinend. Er habe reden wollen, habe sie gebeten, mit ihm auszusteigen und sei, auf sie gestützt, zu einem Spielplatz gegangen. Sein Kumpel und er hätten auf ihrem Nachhauseweg Mädchen „blöd angemacht“ und später einen Jungen getroffen, den sie auch „blöd angemacht“ hätten. „Ich bin ausgerastet“, habe Torben gesagt, er habe den Jungen mit einer Flasche geschlagen und auf den Kopf getreten. „Ich habe etwas Schlimmes gemacht.“
Die Zeugin spricht davon, Torben habe gezittert, sich Vorwürfe gemacht, seine Tat selbst nicht verstanden. „Ich habe gedacht, er übertreibt.“ Doch er habe ihr Blut an Schuhen und Hose gezeigt.
Richter Uwe Nötzel hakt nach: Vor der Polizei habe Juliana K. nur von Tritten in Bauch und Rücken berichtet. „Ich habe es damals nicht für so wichtig gehalten“, sagt die Zeugin. „Aber er hat auch von den Kopftritten erzählt, da bin ich mir sicher.“ Auch, dass der andere laut Torben „irgendeine Beleidigung losgelassen hat“, bevor der Streit begann, will die junge Frau erzählt bekommen haben.
Später trafen sich Nico A. und Torben bei einer Freundin wieder, Sanja T. „Torben war völlig aufgelöst, total geschockt“, erzählt sie. Gemeinsam schaute man das Fahndungsvideo im Internet. Torben habe sofort entschieden: „Ich will zur Polizei.“ Nico A. dagegen habe um neue Kleidung gebeten, um auf der Straße nicht erkannt zu werden. Die Polizeibeamtin, die Torben zuerst vernahm, teilt den Eindruck vom Reumütigen. „Er hat sich geschämt, war sehr über sich enttäuscht.“ Damals sagte er: „Ich kann mich an alles erinnern.“ Ihr sei dagegen aufgefallen, dass er sich an die Tat selbst nicht genau erinnerte, sondern vor allem an das übrige Geschehen. Ihm sei aber bewusst gewesen, dass Nico und er mit der Pöbelei angefangen hätten.
Auch um die Persönlichkeit des Angeklagten geht es an diesem Prozesstag. Juliana K. hielt ihn beim ersten Kennenlernen für einen Möchtegerngangster. „Aber in Wahrheit war er eher so ein Streber.“ Ein netter Typ, einfühlsam. Sanja T.’s Eltern fuhren mit Torben nach Ostern für mehrere Tage zum Campen. „Er hat über nichts anderes geredet, die Stimmung war angeschlagen“, sagt Sanja T. „Was hat ihn am meisten bewegt?“, fragt der Richter. „Die Presse“, antwortet die Zeugin. „Die haben sein Haus umzingelt.“ Doch auch vom Opfer habe Torben erzählt. Dass er sich mit einem Brief entschuldigt habe, „aber dass der Typ davon nichts wissen will.“
Der Prozess wird am Donnerstag fortgesetzt. Jost Müller-Neuhof
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