Brandenburg: Im Schlamm ertrunken
Im Pastlingsee in Südbrandenburg kann man nicht mehr baden. Seit Jahren verliert er Wasser - womöglich auch durch Vattenfalls Braunkohle-Tagebaue. Fische verenden, benachbarte Seen könnten in Gefahr sein
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Grabko - Ein Mann steht Dutzende Meter vom Pastlingsee in Südbrandenburg entfernt und blickt auf das Wasser. Er ist nicht zum Angeln gekommen. „Bis hierher reichte das Wasser in den 1980er Jahren”, sagt er am Montag mit erregter Stimme und zeigt auf den Boden. Mit den Jahren wurde der See immer kleiner. Die vergangenen Wochen waren verheerend – viele Fische starben als die große Hitze kam. Sie lagen zuhauf am Ufer. Knapp eine Tonne Fisch, schätzt der örtliche Anglerverband. Es gibt Befürchtungen, dass andere Seen in der Region einmal das gleiche Schicksal ereilen wird.
Warum hat der Pastlingsee soviel Wasser verloren? Die Kommune, Anwohner und Grünen-Politiker nennen mehrere Gründe. Es regnete in den vergangenen Jahren weniger. Rund um den Badesee wurden Bäume und Schilf gepflanzt, die viel Wasser benötigen. Und dann ist da noch die Braunkohleförderung in der Nähe. Selbst das Landesumweltamt geht davon aus, dass sie etwas mit dem Wasserverlust zu tun hat. „Welchen Anteil der Bergbau hat, ist derzeit aber unklar”, sagt Behördensprecher Thomas Frey.
Ursache könnte die Grundwasserabsenkung sein, die in einem Tagebau notwendig ist. In der Nähe des Pastlingsees im deutsch-polnischen Grenzgebiet liegen die Vattenfall-Grube Jänschwalde und das dazugehörige Braunkohle-Kraftwerk.
Vattenfall weist einen Zusammenhang zwischen einer Grundwasserabsenkung und dem Wasserverlust zurück und verweist auf klimabedingte Veränderungen. Zugleich nimmt der schwedische Staatskonzern Geld in die Hand, damit dem See in Kürze Wasser zugeleitet werden kann. Bis zum Herbst könnten die Voraussetzungen geschaffen werden, das Projekt ist zunächst auf etwa ein Jahr angelegt. Der Pastlingsee liegt in einem Naturschutzgebiet.
Viele, die am Montag zu einem Vorort-Termin der Grünen-Fraktion an den See gekommen sind, kennen ihn aus ihrer Kindheit. Ein älterer Herr sagt: „Hier habe ich Schwimmen gelernt.” Und schiebt betreten hinterher: „Ich hätte hier gerne auch mit meinen Enkeln gebadet.” Aber das ist nicht mehr absehbar. Schlamm tritt an vielen Stellen des Sees bis an die Oberfläche. Angler berichten, dass man schon nach wenigen Metern bis zum Hals im Schlamm stecke. Einer sagt: „Für uns ist der See tot. Fische: fast gleich null.” Auf einem Plastiksteg ist ein Schild angebracht. Darauf steht: „Achtung Gefahrenbereich!” Der Landkreis sperrte das Gebiet unlängst für den Wassersport.
Viele Anwohner fordern jetzt eine nachhaltige Lösung für die Region. „Es muss ein Notfallplan her”, sagt ein Mann. Die Grünen-Fraktion will zudem, dass Landesbehörden über die Auswirkungen von Grundwasserabsenkungen im Tagebau besser informieren und Berichte öffentlich machen. Dabei gehe es vor allem um die Veröffentlichung eines Monitoring-Berichts, wie die Grünen-Abgeordnete Heide Schinowsky am Montag sagte. Dieser wird laut Landesumweltamt jährlich von Vattenfall erstellt und geht auch an das Land. Bei allen Seen in der Umgebung des Tagebaus sinke der Wasserstand. Die konkreten Ursachen hierfür und welchen Anteil Vattenfall an der Entwicklung habe, sei aber noch relativ unklar. „Das muss dringend geklärt werden“, sagte sie. Im Braunkohlenplan für den aktiven Tagebau Jänschwalde seien Vattenfall explizit Auflagen gemacht worden, um Schäden durch das Abpumpen von Grundwasser zu vermeiden und um die wertvolle Landschaft zu erhalten.
Der Pastlingsee soll nicht zum Vorbote für Zukunft der Kohleregion werden, sagte eine Anwohnerin.
Anna Ringle
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