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Brandenburg: Im Zweifel für das Opfer

Maskenmann-Prozess: Gericht lehnt Kriminologin als Sachverständige wegen Inkompetenz ab

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Frankfurt (Oder) – Der Vorsitzende Richter redete nur fünf Minuten lang, aber dann hatte er alle Gründe geliefert, aus denen ein Sachverständigen-Dokument Makulatur und ein Fall für den Papierkorb ist. Ein Dokument, das die Polizei im Fall der spektakulären Entführung eines Unternehmers in Storkow in Aufregung versetzt hatte und der Polizeiführung den Vorwurf einbrachte, sie behindere die Ermittlungen in alle Richtungen. Denn eine Kriminologin hatte „deutliche Zweifel an der Darstellung einer Entführung“ geäußert, und diese Zweifel im sogenannten Maskenmann-Prozess vor dem Landgericht Frankfurt (Oder) mehrfach wiederholt.

Allerdings waren die Belege für ihre These nach Ansicht des Gerichts so wild und fast abenteuerlich, dass es die Kriminologin am Dienstag als Sachverständige abgelehnt hat. Die Kammer entsprach damit einem Antrag der Staatsanwaltschaft. „Die Sachverständige ist befangen“, sagte der Vorsitzende Richter.

Das Gericht warf der Kriminologin, die sich als Expertin für Kommunikationsanalyse bezeichnet, vor, sie habe dem Opfer der Entführung „so viel Misstrauen entgegengebracht, dass an ihrer Unabhängigkeit als Sachverständige Zweifel angebracht sind“. Die Kriminologin war von der Kripo um eine Einschätzung der Aussagen des Opfers gebeten worden und hatte bei dem Entführten eine „narzisstische Persönlichkeitsstörung“ diagnostiziert. Grundlage dafür war ein Satz des Opfers. Dessen Familie hatte einen Hund gekauft, und das Opfer bezeichnete die Verkäufer als „einfache Leute“.

Aus Sicht des Gerichts hatte die Psychologin diese Diagnose gestellt, „obwohl sie keine ausreichenden psychologischen Kenntnisse besitzt“ und nur im Nebenfach Psychologie studiert und mit dem Magister abgeschlossen hat. „Sie hatte damit Aussagen außerhalb ihres Fachbereichs gemacht“, urteilte das Gericht.

Die Kriminologin hatte auch aufgrund der Mimik erklärt, das Opfer habe gelogen. „Sie hat damit Aussagen getroffen, ohne notwendige Fachkenntnisse zu besitzen“, erklärte das Gericht. Auch habe die Frau Aussagen des Opfers zu seiner Entführung als „völligen Schwachsinn“ abgetan. Das Opfer hatte erklärt, es sei auf einer Luftmatratze liegend von einem Kanu durch den Storkower See gezogen worden. Mit ihrer Einschätzung habe sich die Kriminologin „so weit von den Anforderungen an die Unabhängigkeit einer Sachverständigen entfernt, dass die Wortwahl auch nicht mehr als sprachliche Entgleisung betracht werden kann“.

Die Kriminologin hatte vor Gericht zwar darauf hingewiesen, dass sie kein offizielles Gutachten, sondern nur eine „Einschätzung“ geliefert habe, aber das spielte keine Rolle. „Sie hat gewusst, dass ihre Einschätzung zu den Akten genommen würde“, sagte der Richter. Der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen forderte, dass Gerichte Gutachter sorgfältiger auswählen.

Dennoch waren während des Prozesses mehrfach Zweifel an der Version des Opfers zur Sprache gekommen. So hatte ein Gerichtsmediziner die von dem Opfer geschilderte Entführung und Flucht nachgespielt und entsprechende Verletzungen bei dem Mann vermisst.

Dem Angeklagten wirft die Staatsanwaltschaft neben der Entführung des Managers vor, zweimal eine Millionärsfamilie in Bad Saarow überfallen zu haben. Dabei soll er die Tochter mit einer Waffe bedroht und einen Wachmann angeschossen haben, der heute querschnittsgelähmt ist. Die Mutter der jungen Frau soll er mit einem Knüppel niedergeschlagen und schwer verletzt haben. Die Anklage lautet auf versuchter Mord, versuchter Totschlag, schwere Körperverletzung und räuberische Erpressung.Frank Bachner

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