Brandenburg: Immer mehr Erstklässler beim Psychiater Berliner Amtsärzte: Unzureichende Förderung
Berlin - Der Ärztemangel im öffentlichen Gesundheitsdienst in Berlin beeinträchtigt in diesem Jahr massiv den Schulbeginn einiger tausend Erstklässler. Keiner der zwölf Berliner Bezirke habe die gesetzlich vorgeschriebenen Schuleingangsuntersuchungen so früh abgeschlossen, dass man alle Problemkinder rechtzeitig erfassen und ihre Förderung veranlassen könne.
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Berlin - Der Ärztemangel im öffentlichen Gesundheitsdienst in Berlin beeinträchtigt in diesem Jahr massiv den Schulbeginn einiger tausend Erstklässler. Keiner der zwölf Berliner Bezirke habe die gesetzlich vorgeschriebenen Schuleingangsuntersuchungen so früh abgeschlossen, dass man alle Problemkinder rechtzeitig erfassen und ihre Förderung veranlassen könne. Darauf wiesen am Montag die Berliner Amtsärzte bei einer Anhörung im Abgeordnetenhaus hin. Die „unzureichende Förderung“ führe zunehmend zu psychischen Auffälligkeiten „bis hin zur stationären Aufnahme“.
Vor allem betroffen seien „Kinder der unteren sozialen Schicht“, die „besonders häufig entwicklungsverzögert“ und deshalb mit den schulischen Anforderungen ohnehin „weitgehend überfordert“ seien. Damit ihr Schulstart erfolgreich verlaufe, müssten sich die Schulen rechtzeitig auf diese besonderen Förderbedürfnisse einstellen können – mit zusätzlichem Personal und mit entsprechend zusammengesetzten Klassenverbänden. In diesem Jahr aber wüssten viele Schulen nicht, was auf sie zukomme. Zudem werde die Zeit knapp, um selbst so „simple Hilfen“ wie Brille und Hörgerät rechtzeitig vor dem ersten Schultag zu beschaffen, warnt Claudia Wein, die als Vertreterin der Berliner Amtsärzte dem Gesundheitsausschuss Auskunft gab.
Besonders angespannt ist die Lage in den sozial belasteten Bezirken, wo rund die Hälfte der Kinder zur sozialen Unterschicht gerechnet werden. Hier können die Einschulungsuntersuchungen erst kurz vor Ferienende abgeschlossen werden. In den Vorjahren war hier etwa jedem fünften Kind akuter Förderbedarf bescheinigt worden.
„Rund 20 Prozent der Kinder sind gefährdet“, sagte Michael Aster, Chefarzt am DRK-Klinikum Westend. Wenn man sie nicht „massenhaft opfern“ wolle, müssten sich die Schulen genau auf ihre Bedürfnisse einstellen. Das aber gelinge offenbar nicht. „Die Kinder, die scheitern, werden schnell in die Kinder- und Jugendpsychiatrie überwiesen“, sagte Aster. Wenn man die Kinder mit fünf Jahren einschule und alle speziellen Förderklassen abschaffe, müsse man in den Grundschulen zu einer „anderen Kultur des Lernens kommen“.
Das aber scheitere bereits daran, dass die Schulen sich nicht auf die künftigen Erstklässler einstellen könnten, mahnte am Montag die gesundheitspolitische Sprecherin der Berliner Grünen im Abgeordnetenhaus, Heidi Kosche. Das Fehlen der Kinderärzte im öffentlichen Gesundheitsdienst sei ein „Skandal“. Von einer „dramatischen Lage“ sprach der CDU-Abgeordnete Mario Czaja. Gesundheitssenatorin Katrin Lompscher (Linke) bestätigte, dass die Untersuchungen eine „zentrale Aufgabe“ seien. Die Impfkampagne im Zusammenhang mit der Schweinegrippe habe dazu beigetragen, dass die ärztlichen Kapazitäten nicht ausgereicht hätten. Zudem könnten viele Stellen nicht besetzt werden. Als Grund für die Besetzungsprobleme nannte Amtsärztin Wein die schlechte Bezahlung. Das sei ein bundesweites Problem, da die Krankenhausärzte mehr verdienten. Das Gleiche gelte für Ärzte, die für den Medizinischen Dienst der Krankenkassen arbeiteten. Angesichts dieser Konkurrenz sei kein Personal zu finden.Susanne Vieth-Entus
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