zum Hauptinhalt

Brandenburg: Immer mehr Schaben, immer mehr Müll

Entsorgungsfahrzeuge fahren weiterhin unkontrolliert auf die Deponie in Bernau

Stand:

Entsorgungsfahrzeuge fahren weiterhin unkontrolliert auf die Deponie in Bernau Bernau - Drei Tage nach dem Löschen des Großbrandes auf der Deponie am Rande von Bernau herrscht dort weiterhin dicke Luft – allerdings nur im übertragenen Sinne. Anwohner rund um den Recyclinghof beschweren sich massiv über den Umgang mit den Folgen des Großbrandes: Einerseits nimmt die Schabenplage entgegen den Hoffnungen von Experten immer dramatischere Ausmaße an, und zum anderen empören sich viele Einwohner über die rasche Wiederinbetriebnahme der Müllkippe. Wie Beobachtungen auch gestern zeigten, fahren Müllfahrzeuge die Deponie wieder regelmäßig an. Eine Kontrolle der Ladung durch Behörden oder die Polizei findet nicht statt. „Wir organisieren das erst“, sagte Helmut Geißler, Abteilungsleiter im Brandenburger Landesumweltamt. Das Amt hatte bei einer Überprüfung der Deponie nach den Anwohnerprotesten im August eine Überschreitung der erlaubten Menge an Gewerbe- und Hausmüll um das 2,6-fache festgestellt. Man sei gar nicht in der Lage, so schnell entsprechende Mitarbeiter abzustellen oder gar Polizisten einzuweisen. Recht dubios die Reaktion der Betreiberfirma Geab (Gesellschaft die Abfallverwertung und Bodensanierung). Wie jetzt bekannt wurde, reagierte sie im August mit einem Widerspruch vor dem Verwaltungsgericht auf eine Anordnung des Landesumweltamtes zur Reduzierung der Müllmenge. Auf die Ablehnung des Widerspruchs und einen Eilantrag des Gerichts, die Annahme weiteren Mülls zu stoppen, reagierte das Unternehmen nicht. Das Landesumweltamt drohte deshalb ein Zwangsgeld von bis zu 50 000 Euro an. Einen Tag nach der Zustellung des Schreibens am 9. September stand die Deponie in Flammen. Die Brandursache ist noch immer ungeklärt. „Inzwischen hat die Firma eine Liste mit der Art von Abfall erhalten, den sie noch annehmen darf“, erklärte Helmut Geißler vom Umweltamt. „Dazu gehören Sande, Steine und Bodenaushub. Mischabfälle sind dagegen nicht zulässig.“ Er wehrte sich gegen die Forderung, die fragwürdige Deponie sofort stillzulegen. „Wir müssen auch an die 50 bis 70 Arbeitskräfte denken.“ So können die Müllfahrzeuge unkontrolliert den Deponieeingang passieren. Was die Anwohner fast noch mehr aufbringt, ist aber die Zunahme der Kakerlaken. „Seit dem Feuer hat sich die Zahl der Schaben auf meinem Grundstück mindestens verzehnfacht“, sagt Andre Czycewski aus der Straße Gieses Plan, die direkt zur Deponie führt. „Das Ungeziefer krabbelt nicht nur in der Mülltonne, sondern auch über die Terrasse, im Hundezwinger und im Schuppen.“ Dreimal sei bei ihm der Kammerjäger gewesen. Aber die Zahl der Insekten überschreite offensichtlich jede Vorstellung. Die so genannten Monitoring-Fallen, mit denen das Gesundheitsamt die Ausbreitung der Schaben kontrollieren wollte, sind im neuen Haus von Herrn Czycewski immer wieder voll. Jetzt hat der sich im Internet für 100 Liter Insektengift bestellt. Von ähnlichen Erfahrungen berichten auch andere Anwohner. Die meisten hatten sich ihre Einfamilienhäuser erst Ende der neunziger Jahre gebaut. Zu dieser Zeit hatte die Deponie zwar schon bestanden, aber es wurden nur Bauschuttabfälle angenommen. Erst der Plastikmüll von Gewerbebetrieben und Haushalten verschärfte die Lage. Im Juni hatten die Einwohner auf einer ersten Versammlung ihrem Ärger Luft gemacht und eine Bürgerinitiative zum Kampf gegen die Belästigungen durch Schaben, Fliegen und Gestank gegründet. Die Behörden des Kreises und der Stadt legten zum Schutz vor der Schaben vor einigen Wochen ein langes Plastikrohr mit einer Öffnung nach oben rund im die Deponie. Hier sollten die bis zu 13 Millimeter großen Tiere hineinkrabbeln, und so an einem Weitermarsch gehindert werden. Das klappte offensichtlich nicht vollständig. Auf einer Seite der Deponie wurde die Rohrfalle zudem von unbekannten Tätern zerstört. Vom Unternehmen gab es auch gestern keine Auskünfte. Geschäftsführerin Silvia George ließ ausrichten, sie sei nicht zu sprechen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })