zum Hauptinhalt
Rollenspiel? Wer ist Koch, wer ist Kellner? Linke-Landeschef Christian Görke und Justizminister Helmuth Markov.

© dpa

Brandenburg: In aller Freundschaft

SPD-Landeschef Dietmar Woidke lotet eine neue Koalition mit den Linken aus, heute ist die CDU dran

Stand:

Potsdam - Der Koalitions-Poker in Brandenburg geht in die nächste Runde. Nach einer ersten Sondierung, die der SPD- Wahlsieger und designierte neue Regierungschef Dietmar Woidke am Donnerstag in der Potsdamer Staatskanzlei mit den Linken führte, bleibt eine Neuauflage der rot-roten Koalition weiter möglich. Ein weiteres Treffen wurde für kommenden Montag vereinbart. Am heutigen Freitag verhandelt SPD-Landeschef Woidke mit dem Verhandlungsteam der CDU, das Partei- und Fraktionschef Michael Schierack anführt. Die SPD will kommenden Dienstag entscheiden, mit wem sie Brandenburg die nächsten fünf Jahre regieren wird und förmliche Koalitionsverhandlungen aufnimmt.

Linke-Parteichef Christian Görke bewertete nach der dreistündigen Sondierungsrunde die Chancen für Rot-Rot mit „Fifty-Fifty.“ Zum Auftakt am Morgen hatte er gesagt: „Es gibt zwischen Linke und SPD viele Schnittpunkte, die Brandenburg voranbringen.“ Er sprach von einer freundschaftlichen Atmosphäre in dem Gespräch. Einen Begriff, den SPD-Generalsekretärin Klara Geywitz, nicht verwendete: „Wir haben den Eindruck, dass die Linke gern weiterregieren würde.“ Zu besprochenen Inhalten und Problemen hüllten sich beide Seiten in Schweigen. Ein rot-rotes Bündnis hätte im Landtag eine knappe Mehrheit von drei Stimmen. Geywitz betonte, dass für die SPD die Stabilität der künftigen Regierung ein wichtiges Kriterium sei. „Wir gucken schon genau, wie die Zusammensetzung der Fraktion ist.“

Zwar hatte vorher Helmuth Markov, bisher Justizminister und Vize-Ministerpräsident, zuvor gesagt: „Wir sind noch lange nicht am Ende.“ Eine neu aufgelegte rot-rote Koalition würde wieder für wirtschaftliche und soziale Kompetenz stehen. Und er betonte ausdrücklich: „Die Linke ist stabil.“

Es gibt trotz der historischen Wahlniederlage – die Linke war nach fünf Jahren in der Regierung auf 18 Prozent abgestürzt – tatsächlich bislang keine Forderungen nach dem Gang in die Opposition. Und alle siebzehn neuen Linke-Abgeordneten haben bei einer Probeabstimmung dafür gestimmt, Rot-Rot erneut zu versuchen.

Doch für Irritationen in der SPD und den eigenen Reihen sorgte die Abgeordnete Isabelle Vandré. In einem Interview mit dem „Neuen Deutschland“ am Donnerstag knüpfte Vandré ein Ja zu Rot-Rot an Forderungen des Linke-Jugendverbandes wie die „Entwaffnung“ des Verfassungsschutzes, worunter sie Kürzungen, aber auch ein Verbot der Bildungsarbeit an Schulen versteht, außerdem die „mittelfristige Abschaffung von Gymnasien“ und kostenlosen Nahverkehr.

Görke stellte klar, dass das keine Forderungen der Linken in den Sondierungen sind. In Gremiensitzungen hatten sich die Linken vor der Sondierung darauf verständigt, Rot-Rot an einen Mindestlohn von zehn Euro, aber auch an den „Einstieg in längeres gemeinsames Lernen“ zu koppeln, die „Gemeinschaftsschule“. Intern war man sich einig, dass diese nicht landesweit von oben verordnet durchgesetzt werden kann und die Linke dies auch nicht will. „Wir führen keinen Kulturkampf gegen die Gymnasien“, hatte Görke bereits früher erklärt. Die Linken verweisen darauf, dass es schon heute Oberschulen und Grundschulen unter einem Dach gebe, oder Bestrebungen in ferneren Regionen vor Ort, die Oberschule und das Gymnasium zusammenzuführen, weil es zu wenige Kinder gebe.

Für die SPD ist klar, dass die Schulstrukturen in Brandenburg nicht verändert werden. Das hatte Woidke im Wahlkampf versprochen. Geywitz bekräftigte dies nach der rot-roten Sondierung: „Wir wollen Schulfrieden.“

Gerade beim Thema bemerkenswert ist, wer für die SPD nicht mitredet: SPD-Landesvize und Bildungsministerin Martina Münch (SPD). Nach den Pannen in ihrem Ressort ist sie nun zusätzlich geschwächt – sie hat ihren Wahlkreis Cottbus nicht gewonnen und ist die einzige in der SPD-Fraktion, die über die Landesliste in den Landtag kam.

Auch sonst sind die Sondierungsgruppen kleiner als vor fünf Jahren. Neben Woidke und Geywitz sitzen für die SPD Landtagsfraktionschef Klaus Ness und die Vize-Landesparteichefin Katrin Lange, die Amtsdirektorin in Meyenburg (Prignitz) ist, am Tisch. Für die Linke verhandeln neben Görke und Markov die Fraktionschefin Margitta Mächtig und die langjährige Landtagsabgeordnete und einzige Linke-Landrätin in Brandenburg, Kornelia Wehlan aus Teltow-Fläming. (mit axf)

nbsp;Thorsten Metzner

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })