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Brandenburg: In der Gefahrenzone

Der Berliner Arzt Thomas Kratz hat in diesem Sommer in Sierra Leone gegen das Ebola-Virus gekämpft

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Berlin - Der Frau ging es besser und besser. „Und ich dachte, sie schafft es“, sagt Thomas Kratz, der die Patientin mehrere Tage begleitet hatte. An seinem letzten Arbeitstag fand er sie tot im Bett. Jetzt sitzt er wieder in Berlin und erinnert sich. Von Mitte Juni bis Anfang Juli arbeitete der Allgemeinmediziner für „Ärzte ohne Grenzen“ (MSF) in Sierra Leone: im Kampf gegen das Ebola-Virus. Der Kontakt mit den Toten sei dabei gar nicht das Schlimmste gewesen. Viel schlimmer empfand er den Umgang mit den Lebenden – zum Beispiel wenn er Todesbotschaften übermitteln musste, wie an die 14-jährige Tochter der Patientin, die weinte und schrie. Das Virus hatte ihr kurz zuvor schon den Vater genommen.

Bis zum vergangenen Freitag zählte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) mehr als 2100 Ebola-Fälle in den Ländern Nigeria, Liberia, Guinea und Sierra Leone. 1145 Menschen starben, darunter auch viele Ärzte und Pfleger, die sich während der Arbeit mit dem Virus infizierten. Sierra Leone gab bekannt, dass Ebola seit Mitte Mai 32 Krankenschwestern im Land dahingerafft hat. Vergangene Woche verstarb auch erstmals ein Infizierter in Europa, ein Spanier, der für einen katholischen Orden in einem Krankenhaus in Liberia als Pfleger arbeitete.

Ob Kratz keine Angst hatte, sich anzustecken? Natürlich. Die Grundangst sei immer dabei gewesen. Es gab auch konkrete Situationen, in denen er instinktiv zurückschreckte, weil Menschen ihm ganz plötzlich zu nahe kamen. Ob er deshalb zögerte, dort zu arbeiten? Nein. „Jetzt erst recht“, dachte Kratz, als ihm der Ernst der Lage bewusst wurde. Dabei konnte er sich zu Beginn des Einsatzes noch gar nicht vorstellen, wie sich die Situation in Sierra Leone entwickeln würde.

Der 38-jährige Kratz arbeitete in der Stadt Kailahun. Dort gab es zwar lokale Krankenhäuser, aber die waren in einem derart desaströsen Zustand, dass die Patienten von den Stationen flohen. Kratz half mit, in Kailahun ein Isolierzelt aufzubauen. Zunächst gab es 34 Betten, inzwischen liegen 84 Patienten in dem Zelt. Kratz arbeitete als Ausbilder für die lokalen Helfer und verbreitete vor allem Hygienegrundlagen. Erst in der letzten Woche hatte er mehr Patientenkontakt, nahm mit gelbem Ganzkörperanzug und Schnabelmaske Patienten auf und Blut ab. Der Einsatz laugt aus – nach drei Wochen wird man müde, körperlich und seelisch. Und Müdigkeit kann bei Ebola tödlich sein für den Arzt.Milena Menzemer

Milena Menzemer

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