Brandenburg: In einer Nacht werden die Posten verteilt
Linke-Spitze hofft auf Zustimmung der 7000 Mitglieder zum rot-roten Koalitionsvertrag. Erst danach geht es ans Eingemachte.
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Potsdam - In Brandenburg wächst die Spannung, ob die Basis der Linkspartei in der Urabstimmung dem rot-roten Koalitionsvertrag zustimmen wird. „Ich habe ein gutes Gefühl“, sagte Parteichef Christian Görke am Donnerstag den PNN. Zwar hatte es am Vorabend in der ersten öffentlichen Linke-Regionalkonferenz in Lauchhammer den ersten massiven Vorstoß für eine Ablehnung des Koalitionsvertrages gegeben. Doch er fand unter den rund einhundert Genossen keinen Widerhall. Nach den bisherigen Veranstaltungen wird der Vertrag – trotz Kritik im Detail – von den Funktionären und Genossen weitgehend akzeptiert. „Er ist dreimal besser als der von 2009“, beschrieb Mario Dannenberg, Kreischef in Oberspreewald-Lausitz, die Stimmung bei den Linken. Lob gab es für die Vereinbarungen in der Bildungspolitik, wo Zusammenlegungen von Grund- und Oberschulen und Gymnasien bei Initiative von unten ermöglicht werden sollen. Dennoch bleibt selbst für die Linke-Spitze schwer kalkulierbar, wie die 7000 Mitglieder, vor allem die passiven, abstimmen. Bei der Landtagswahl waren die Linken nach fünf Regierungsjahren von 27 auf 18 Prozent abgestürzt. Und die Angst, in einer neuen Regierung weiter zu verlieren, ist spürbar.
In Lauchhammer war es René Schuster, Mitglied der Linken und der Grünen Liga, der den Vertrag als „Schande“ bezeichnete und zur Ablehung aufrief. Er begründete dies mit den Passagen zur Braunkohlepolitik, mit denen klar sei, dass Linke-Minister der Abbagerung weiterer Dörfer zustimmen werden. Er beklagte zugleich, dass im Gegensatz zum rot-roten Vertrag 2009 Aussagen zur Verteilung und zum Zuschnitt der Ressorts komplett fehlen. Damit sei völlig offen, auf welchen Gebieten die Linke Zugriff auf das Verwaltungshandeln habe, sagte er. „Ohne diese Aussagen einen Mitgliederentscheid durchzuführen ist eine Farce.“ Doch es rührte sich keine Hand zum Beifall. Und es gab massiven Widerspruch zu seinen Anti-Kohle-Positionen. „Die Welt retten ist das eine, wir sollten aber auch normal bleiben. Und manchmal aus dem Fenster gucken, wann sich Windräder drehen und wann nicht“, sagte eine Frau unter Beifall.
Görke verkündete in Lauchhamer erstmals das Prozedere im rot-roten Postenpoker. „Die Entscheidung ist noch nicht gefallen“, versicherte er. Es läuft auf eine Nacht der Personalentscheidungen hinaus, bevor am 1. November der Koalitionsvertrag auf dem Parteitag der Linken samt Ministerriege beschlossen wird. Parallel dazu auch bei der SPD. Am Tag davor, am Reformationstag, wird die Urabstimmung ausgezählt. Sobald das Ergebnis vorliege, sagte Görke, werde mit der SPD verhandelt und er werde mit der Verhandlungsgruppe der Linken und der „Personalkommission“ einen Vorschlag erarbeiten, wie die Linke-Ressorts besetzt werden. Als gesetzt gilt der bisherige Vize-Regierungschef Helmuth Markov. Auch Parteichef Görke muss nach dem von SPD-Regierungschef Woidke formulierten Grundsatz – daran war ein Bündnis mit der CDU gescheitert – ins Kabinett. Und dann ist da noch Wirtschaftsminister Ralf Christoffers. Doch eine Riege ohne Frauen kann Görke dem Parteitag nicht präsentieren. Die Erwartung, dass die Quote eingehalten wird, formulierte etwa Kreischef Dannenberg unmissverständlich. Auf der anderen Seite pfeifen die Spatzen von den Dächern, dass das Umweltministerium wieder mit dem Agrarressort fusionieren soll, womit die bisherige Linke-Ministerin Anita Tack aus dem Rennen wäre.
Bislang gingen alle davon aus, dass die Linken nur noch drei statt bisher vier der neun Ministerien bekommen. Doch jetzt wird nach PNN-Informationen auch erwogen, den Staatskanzleichef, bislang ein Staatssekretär, einfach zum Minister hochzustufen. So könnten die Linken wieder vier Ministerien bekommen – die Arithmetik zur SPD bliebe.
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