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BRANDENBURG: In manchen Städten steht bald jede vierte Wohnung leer

Wohnungswirtschaft alarmiert: In Brandenburgs Randregionen nimmt Leerstand dramatisch zu

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Potsdam - Ruinen schaffen ohne Waffen. Dieses Horrorszenario droht märkischen Städten fernab von Berlin, wie der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) befürchtet. Er stellte am Donnerstag in Potsdam neue Prognosen vor, nach denen in Städten wie Wittenberge, Luckenwalde oder Lauchhammer im Jahr 2016 jede vierte Wohnung leerstehen wird, obwohl die Leerstände dort schon jetzt hoch sind. Doch fahren Bund und Land die seit Jahren rückläufige Abriss–Förderung im Rahmen des Stadtumbaus weiter zurück. Und Bundesbauminister Peter Ramsauer (CSU) hat eine radikale Kürzung der Städtebauförderung angekündigt, gegen die Land, Kommunen und Wohnungsunternehmen Sturm laufen. Ohne neue Hilfen, so warnte BBU-Vorstand Maren Kern, „wird den Unternehmen nichts übrig bleiben, als Hauseingänge zuzumauern und Ruinen stehen zu lassen“. Landesweit stehen laut BBU derzeit 32 000 Wohnungen leer. Nach den Prognosen wird in den berlinfernen Regionen bis 2016 die Leerstandsqoute im Schnitt auf 13,6 Prozent steigen.

Tieferer Grund sind die Bevölkerungsrückgänge infolge von Abwanderung und und geringen Geburten. Seit 1990 zog fast eine halbe Million Brandenburger in westliche Länder weg. Zwar versucht die Politik gerade neue Wege, um einige wieder zurück in die Heimat zu locken, in der es anders als in den 90er Jahren inzwischen Jobs – wenn auch mit geringer dotierten Osttarifen – gibt. Der Landtag beschloss am Donnerstag in ungewöhnlicher Einigkeit mit den Stimmen von Rot-Rot sowie den oppositionellen Grünen und der FDP ein „Zukunftskonzept für potenzielle Rückkehrer“, nach dem Brandenburg ähnlich wie Mecklenburg-Vorpommern und anderen Ost-Ländern mit gezielten Kampagnen und Aktionen um Rückkehrer werben will. Einig sind sich aber alle, dass es keine Massenrückkehr auslösen wird. Angestoßen hatte es die CDU-Opposition, die aber dagegen votierte, weil ihre Vorstellungen nicht hundertprozentig berücksichtigt wurden. Wohnungen gebe es genug. In der Prignitz etwa steht jede fünfte leer. Spitzenreiter ist derzeit Luckenwalde, wo fast jede dritte Wohnung (28,8 Prozent) unbewohnt ist. In Wittenberge liegt die Quote bei 22,8 Prozent. Entspannt ist dagegen die Lage im Umland mit einem Leerstand von nur 3,4 Prozent. Doch außerhalb kommt man mit dem Rückbau nicht hinterher, 2005 gab es noch 7600, 2010 nur 2700 Abrisse. Zwar sollen laut BBU bis 2016 weitere 12 000 Wohnungen abgerissen werden, gefördert von Bund und Land. Nötig wäre der Abriss von weiteren 42 000 nicht mehr benötigten Wohnungen, sagte Kern. Nach ihren Worten sind die Wohnungsunternehmen außerstande, Abriss-Kosten allein zu tragen. Sie stecken in einer wirtschaftlichen Klemme: Fernab von Berlin können sie nur geringere Mieten nehmen, im Schnitt 6,55 Euro je Quadratmeter. Gleichzeitig zahlen sie „auch die nächsten 20 Jahre“ immer noch DDR-Altschulden ab, nämlich die auf Pump finanzierten SED-Wohnungsbauprogramme unter Erich Honecker. Die Kredite wurden nach der Wiedervereinigung nicht erlassen, sondern mit der DDR-Staatsbank privatisiert. Jährlich werden 100 Millionen Euro, jeder zehnte Euro an Mieteinnahmen, für Zins und Tilgung abgeführt, sagte Kern. Der Verband fordert wie seit Jahren – bislang vergeblich – einen Altschulden-Erlass. Und zu allem Überfluss rollen auf die Wohnungsunternehmen laut BBU rund 340 Millionen Euro Nachzahlungen für Abwasser-Investitionen nach 1990 in Brandenburg hinzu. Infolge eines Gerichtsurteils und verfehlter Landtagsbeschlüsse von 2009 werden nachträglich Anschlussbeiträge auch für Immobilien fällig, die schon zu DDR–Zeiten an die Kanalisation angeschlossen waren. Dies, so Kern, könne Unternehmen gefährden.

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