DIE ADRESSEN: In Ruhe genießen
LANDPARTIE DURCH BRANDENBURG Warum erst auf den Spargel warten? Diese winterlichen Ziele lohnen sich auch kulinarisch
Stand:
Residenz. Töpchiner Str. 4, Mittenwalde, Ortsteil Motzen, Telefon 033769-850. Geöffnet täglich 11 bis 22 Uhr
Lakeside. Gielsdorfer Chaussee 6, Strausberg, Telefon 03341-3469-0.
Geöffnet täglich ab 12 Uhr
Landlust. Körzin 19, Beelitz, Ortsteil Körzin, Telefon 0170-5110486. Geöffnet Donnerstag bis Samstag ab 11 Uhr
Kochzimmer. Berliner Str. 195, Beelitz, Telefon 33204-709366. Geöffnet Mittwoch bis Sonntag ab 12 Uhr
Fischerkietz. Fischerkietz 6, Strausberg, Telefon 03341-497900. Geöffnet Mittwoch bis Sonntag ab 12 Uhr
Bauernstube im Landgasthof zum Mühlenteich. Eggersdorf, Telefon 03341-4266-0. Geöffnet täglich 12 bis 22 Uhr
Der Winter im Spreewald hat seine ganz eigenen Reize. Man kann dick eingemummelt in Decken und mit einem wärmenden Glühwein in der Hand eine Winterkahnfahrt machen kann. Sollten die Fließe zugefroren sein, kann man wunderbar Schlittschuh laufen.
Das Berliner Umland ist gerade im Winter immer einen Tagesausflug wert, jedenfalls solange das Wetter nicht allzu stark danebenliegt. Doch viele anspruchsvolle Ausflügler zögern. Sie haben auch im Jahr 25 nach der Wende noch den Kabarettisten Rainald Grebe und seine einprägsame Warnung im Ohr: „Nimm dir Essen mit, wir fahr’n nach Brandenburg.“
Wir wollen ihn widerlegen – mit einer kleinen Rundreise durch die hauptstadtnahe Gastronomie. Und dies mit besonderem Augenmerk auf Restaurants, die auch mittags geöffnet haben und so niemanden dazu zwingen, im Dunkeln auf unbekannten Straßen heimwärts zu fahren.
Potsdam ist ein anderes Thema, die Stadt haben wir ausgelassen. Und um die Erwartungen nicht zu hoch zu schrauben: Dort, wo Ende Januar wie jedes Jahr traditionell die Singschwäne trompeteten, nämlich im Unteren Odertal, suchen hungrige Vogelbeobachter vergeblich nach gehobener Gastronomie.
Aber nehmen wir Strausberg. Die Stadt liegt hübsch im Osten Berlins am Straussee, und es gibt dort sogar einen stark sterneverdächtigen Koch, nämlich Sascha Friedrichs. Doch sein „Zimmer“ im „Landgasthof zum Mühlenteich“ ist nur abends geöffnet, und deshalb schlagen wir für den Ausflug die „Bauernstube“ des Hauses vor, die ebenfalls von ihm verantwortet wird und deshalb ganz und gar unbäuerische Gerichte wie den Glen-Douglas-Lachs mit Pilzrisotto, Trüffeln und Safranschaum oder Tatar vom Gelbflossen-Thunfisch mit Beluga-Linsen bietet; Skeptiker bekommen aber auch Wiener Schnitzel und Zwiebelrostbraten in optimaler Zubereitung.
Strausberg zum Zweiten: Das Lakeside-Burghotel verspricht schon in seinem Namen See und Burg, und es hält beide Versprechen ein; das Ergebnis, die Burg betreffend, ist allerdings Geschmackssache und nichts für Stilpuristen. Ohne falsche Bescheidenheit trägt das Restaurant den Namen „Royal“. Küchenchef Philipp Stapel ist neu im Amt und damit noch eine Art Geheimtipp. Er hat in feinsten Züricher Hotels gearbeitet, war zuletzt Küchenchef im Berliner Maritim pro Arte – er weiß also, wie es geht. Regionale Produkte, zubereitet mit süddeutschem oder mediterranem Einschlag, bestimmen seine Karte. Wie wäre es zum Beispiel mit Filet und confiertem Bäckchen vom Saalower Kräuterschwein mit Quitte und Spitzkohl?
Ja, ist das denn hier ein Strausberg-Special? Die Stadt hat nämlich noch eine weitere gute Adresse: Im Restaurant „Fischerkietz“ kocht Patron Sebastian Marquardt, der auch mal bei Lafer und Raneburger gearbeitet hat. Sein Stil ist regional-feinbürgerlich, es gibt Garnele mit Kürbis, Feldsalat und Pomelo, Zander mit Rote-Bete-Risotto und Steckrübe und Crêpes mit Blutorangen und Mandelcreme. Weiteres Plus: Der beschauliche See liegt direkt vor der Tür.
Das tut er auch bei einem der ältesten Feinschmecker-Restaurants der Region, der „Residenz“ in Motzen. Das ist zunächst ein gediegenes Ayurveda-Hotel, dem man nicht vorwerfen sollte, dass es kürzlich den Rahmen geboten hat für Klaus Wowereits Rücktritt vom Rücktritt als BER-Aufsichtsratsvorsitzender. Die Küche ging seit Eröffnung immer mal sacht bergauf und bergab, gegenwärtig aber durchaus bergauf, denn seit Kurzem hat Holger Mootz die Hand am Topf.
Der gebürtige Niedersachse, der viele seiner heutigen Gäste schon aus seiner Zeit in mehreren Rügener Stationen kennt, hat ein Faible für feinen Fisch und serviert gegenwärtig beispielsweise eine Hechtterrine mit confiertem Saibling und Linsensalat oder einen „Dialog“ von zwei Pilzsuppen mit gebratenem Zander.
Aber auch bei Fleischgerichten lässt er nichts anbrennen, wie der Spanferkelrücken mit Schwarzbiersauce und Spreewaldkraut zeigt.
Einen schönen Start hatte vor zwei Jahren das Beelitzer „Kochzimmer“, Entschuldigung, „kochZIMMER“, mitten im kleinen Ortszentrum gelegen. Es wäre aber ein Fehler, den Besuch nur wegen Beelitz bis zur Spargelsaison aufzuschieben, denn Patrick Schwatke und Jörg Frankenhäuser haben viel mehr drauf, vom Makrelenfilet mit Grünkohlsalat und japanischem Senf bis zum Lammrücken mit Pfefferminze und Auberginen.
Und einzelne Themenabende bieten sogar noch mehr. Am Valentinstag heißt das Motto: „Hummer trifft großen Riesling“. Dies ist, ganz nebenbei, unter den hier vorgestellten Restaurants das mit dem weitaus besten Weinangebot.
Wer das schon zu städtisch findet, der ist reif für die „Landlust“. Das charmante Gasthaus, das so heißt wie die Zeitschrift, liegt im winzigen Dorf Körzin, drumherum nur von Grün umgeben. Die aus Franken stammende Chefin Ulrike Laun hat sich das Kochenkönnen in der gastronomisch hyperaktiven Familie abgeguckt und 2006 mit einem Dorfladen begonnen, der sich nach und nach wie von selbst zum Restaurant entwickelte. Ganz zu schweigen auch von den Backkünsten der Chefin. Wer einmal ihre Torten und Kuchen probiert hat, den zieht es immer wieder aufs Land. Im Sommer kommen viele Zutaten aus eigener Produktion, außerdem pflückt der schießfertige Hausherr Wild in der weiteren Umgebung. Dann könnte es also so etwas geben: in Sanddorn und Ingwer pochierten Kalbstafelspitz mit gebratenen Möhrenschupfnudeln oder ein Kotelett vom Fläminger Hirsch mit Pastinakenpüree.
Bitte, Herr Grebe: Wäre es nicht blöd, angesichts solcher Angebote Essen mitzunehmen aufs Land?
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