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Asylbewerber in Brandenburg: Innenminister Schröter fordert mehr Abschiebungen
Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter fordert von den Ausländerbehörden mehr Abschiebungen. Ein Landtagsbeschluss, Ermessensspielräume im Aufenthaltsrecht für Afghanen zu nutzen, ist dagegen noch nicht umgesetzt. Jetzt droht Zoff bei Rot-Rot.
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Potsdam - Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) hat die Ausländerbehörden in den Landkreisen und kreisfreien Städten zu einer härteren Gangart bei Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber aufgefordert. Betroffen sind auch Afghanen, für die der Landtag wegen der angespannten Sicherheitslage in ihrem Heimatland Ausnahmen gefordert hatte. In einem Brief vom März an die kommunalen Ausländerbehörden, der den PNN vorliegt, bemängelt das Ministerium, dass die vereinbarte Abschiebequote nicht eingehalten werde.
Landkreise und kreisfreien Städte erfüllen vereinbarte Abschiebequote nicht
Hintergrund ist eine Abmachung aus dem Jahr 1997, wonach das Land den 18 Ausländerbehörden die Zuständigkeit für Abschiebungen übertragen und jeweils die Mehrkosten für jede einzelne Behörde übernommen hatte. Insgesamt hatte das Land damals prognostiziert, dass Landkreise und kreisfreien Städte pro Monat mindestens 150, pro Jahr 1800 ausreisepflichtige Asylbewerber abschieben würden. Seither übernimmt das Land die Kosten für je eine halbe Stelle in den 18 Ausländerbehörden. Insgesamt zahlte das Land den Landkreisen und kreisfreien Städten im vergangenen Jahr 818 000 Euro.
Nun beklagt das Ministerium in dem Brief an Landräte und Oberbürgermeister: „Die Entwicklung der Abschiebezahlen im Land Brandenburg in den letzten Jahren entspricht jedoch in keinster Weise dem seinerzeit zugrunde gelegten Berechnungsmodell.“ Daher sollen die Ausländerbehörden nun „die Anstrengungen zur zwangsweisen Rückführung vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer“ verstärken, um die damals „errechnete Quote zu erreichen“. Insgesamt blieben die Ausländerbehörden der Kommunen weit hinter den vereinbarten Quoten zurück. 2016 schoben sie 563 ablehnte Asylbewerber ab. Insgesamt – inklusive der Zahlen der Ausländerbehörde des Landes – waren es 795 Abschiebungen. Zugleich gab es 998 freiwillige, teils finanziell geförderte Ausreisen.
Landtag forderte weites Ermessen für Afghanen
Die vom Innenministerium vorgegebene harte Linie führt bei Afghanen zu Konflikten. Der Landtag hatte Anfang März, noch vor dem neuen Abschiebeerlass, die Landesregierung aufgefordert, alles zu tun, um Geflüchteten aus Afghanistan ein Bleiberecht zu gewähren. Es sollten Ermessensspielräume im Aufenthaltsrecht genutzt werden. Umgesetzt wurde der Beschluss bislang nicht.
Vor einer Woche war in Brandenburg/Havel ein Afghane vom Arbeitsplatz abgeführt und mit einem Sammeltransport der Bundespolizei abgeschoben worden. Landes-Integrationsbeauftragte Doris Lemmermeier nannte das wegen des Landtagsbeschlusses nicht nachvollziehbar. Afghanistan sei kein sicheres Land, sagte sie am Sonntag unter Berufung auf einen UN-Bericht. Kritik kam auch von Linken, Grünen und dem Flüchtlingsrat. Insbesondere bei den Linken in der rot-roten Koalition ist der Unmut über den Innenminister groß. Jetzt droht in dem Regierungsbündnis neuer Zoff.
Der abgeschobene Afghane hatte sieben Jahre in Deutschland gelebt, sein Asylantrag war 2014 abgelehnt worden. Die Duldung endete am 20. April, nach einem weiteren Jahr hätte er ein Aufenthaltsrecht bekommen können.
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Mahmood Amiri floh mit seiner Familie aus Afghanistan. Jetzt sollen sie abgeschoben werden - der Fall aus Potsdam steht exemplarisch für eine heftige Debatte.
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