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Brandenburg: Innenministerium wirft PNN und LR Rufmord vor

Geheimnisverrat: Sprecher dementiert mit Halbwahrheiten, Zeitungen bleiben bei ihrer Darstellung

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Potsdam - In der Affäre um ein von der Spitze des brandenburgischen Innenministeriums verhindertes Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Geheimnisverrats in einem großen Korruptionsverfahren hat das Ministerium am Dienstag versucht, einen PNN-Bericht vom Dienstag zu dementieren. Ministeriumssprecher Ingo Decker sprach von einem „versuchten Rufmord an Staatssekretär Zeeb“ durch die PNN und die „Lausitzer Rundschau“ (LR), die ebenfalls über den Fall berichtet hatte. Der einstige Sprecher und enge Vertraute von Ex-Innenminister Rainer Speer (SPD) bezog sich bei dem Versuch auf einen PNN-Beitrag über die Weitergabe von Polizeiinformationen über eine groß angelegte Korruptionsermittlung der Staatsanwaltschaft Neuruppin im Bereich des Infrastrukturministeriums. Dabei verbreitete Decker gestern mindestens eine sehr ungenaue Darstellung.

Aus dem Innenministerium soll, wie gestern berichtet, im August dieses Jahres laut Staatsanwaltschaft Neuruppin eine interne Meldung der Ermittler über das Verfahren an einen leitenden Beamten des Infrastrukturministeriums weitergeleitet worden sein. Dieser schaltete die interne Revision ein, die den Beschuldigten direkt konfrontierte und ein offizielles Disziplinarverfahren gegen den Mitarbeiter einleitete. Die Neuruppiner Staatsanwälte sahen dadurch ihre Ermittlungen – die sich auch gegen andere, damals noch nicht konfrontierte Mitarbeiter des Bereichs richten – behindert und wollten dem Geheimnisverrat im Innenressort nachgehen. Dazu hätten sie aber eine Ermächtigung des zuständigen Ministers gebraucht – in diesem Fall also die von Speer. Der lehnte dies aber ab. Zum Kreis der des Verrats von Dienstgeheimnissen Verdächtigten zählten die Staatsanwälte ausdrücklich intern auch Speers Staatssekretär Zeeb.

Sprecher Decker teilte nun am Dienstag mit, es habe nie ein Ermittlungsverfahren gegen Bedienstete des Innenministeriums wegen des Verdachts der Verletzung von Dienstgeheimnissen in dem Fall gegeben. Lediglich einen Überprüfungsvorgang. Da irrt Sprecher Decker auch nicht völlig: Denn zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wäre eben die – verweigerte – Ermächtigung durch Speer nötig gewesen. Nach dem entsprechenden, auch dem Innenministerium bekannten Runderlass des Generalstaatsanwaltes des Landes Brandenburg sind alle Ermittlungen wegen des Verdachts des Geheimnisverrats bis zur Erteilung der Ermächtigung nur als „Überprüfungsvorgang“ zu deklarieren. Dass sich der Verdacht offiziell gegen „Unbekannt“ richtete, lag daran, dass rein theoretisch mehrere Beamte des Ministeriums für den Verrat infrage kamen. Wegen Speers Weigerung konnte dies allerdings nie in einem Ermittlungsverfahren geklärt werden.

Der Innenexperte der CDU-Landtagsfraktion Sven Petke hat für die Landtagssitzung am Donnerstag eine Dringliche Anfrage zu der versagten Ermittlungsermächtigung an die Landesregierung gestellt.

Sprecher Decker teilte gestern weiter mit, bei der unerlaubter Weise in ein anderes Ministerium geleiteten Ermittler-Meldung handele es sich um eine normale, interne, lediglich nicht für Presse bestimmte „WE-Meldung (WE = Wichtiges Ereignis)“ vom 5. August. Da irrt Decker – ob bewusst oder nicht – nach mehrfach bestätigten PNN-Informationen: Es handelt sich nicht um die Notiz vom 5. sondern um eine ausführlichere Meldung vom 6. August.

Da Sprecher Decker nun gestern einräumte, dass nach „Recherchen des Innenministerium“ feststeht, dass die Meldung vom 5. August weitergeleitet wurde, blieb unklar, ob nun sogar zwei Meldungen unerlaubter Weise vom Innen- gen Infrastrukturressort gelangten.

Sprecher Decker meldet auch, durch den Geheimnisverrat hätten keine Ermittlungsmaßnahmen vorgezogen werden müssen. Er bezieht dies aber wieder auf die Meldung vom 5. August und lässt den Sprecher des Landeskriminalamtes Brandenburg dazu erklären, dass „die Weiterreichung der WE-Meldung keinen Einfluss auf die zeitliche Gestaltung der geplanten Ermittlungen“ gehabt habe. Auch da irrt Decker nach mehrfach verifizierten Informationen der PNN. Hätte der Sprecher die tatsächlich für das Verfahren zuständige Staatsanwaltschaft befragt, hätte er erfahren können, dass etwa eine von der Staatsanwaltschaft geplante Durchsuchung vorgezogen werden musste. Auch Ermittlungen gegen andere, noch nicht konfrontierte Landesbedienstete mussten beschleunigt werden. Nur dadurch, so ein hoher Verfahrensbeteiligter gegenüber den PNN, habe ein Schaden verhindert werden können.

Sprecher Decker urteilte in seiner Mitteilung auch, dass es sich bei den Berichten der PNN und der LR „nicht mehr um zulässige Verdachtsberichterstattung“ handle. Decker teilte mit, worum es sich nach offizieller Ansicht des Ministeriums des Innern des Landes dagegen handelt: „...um den Versuch eines glatten Rufmords an Innenstaatssekretär Zeeb.“

Beide Zeitungen verwahren sich gegen diese Art der Sprechertätigkeit und bleiben – auch nach Rücksprache mit Verfahrensbeteiligten – ausdrücklich bei ihrer Darstellung des Sachverhalts. Peter Tiede

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