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Brandenburg: „Investitionsentscheidungen lassen sich so nicht treffen“
Brandenburgs Solarfirmen schlagen trotz Einlenken der Bundesregierung im Förder-Streit Alarm. Mehrere Vorhaben auf der Kippe
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Potsdam/Berlin - Das jüngste Einlenken der Bundesregierung im Förder-Streit sorgt in der Solarbranche zwar für eine gewisse Erleichterung, doch der Protest gegen die geplanten Änderungen hält an. „Das Allerschlimmste des Gesetzesvorschlags ist zum Glück verhindert worden. Investitionsentscheidungen lassen sich aber unter den aktuellen Bedingungen trotzdem nicht treffen“, meinte Dörte Heimann, Leiterin der Hauptstadtvertretung des Solarpark-Entwicklers Juwi, am Mittwoch in Potsdam. Angesichts der Debatte um die geplante Absenkung der Einspeisevergütung für Fotovoltaikanlagen und den zunehmenden Schwierigkeiten brandenburgischer Solarmodulehersteller hatte der Wirtschaftsausschuss des Landtages Branchenvertreter eingeladen, um sich ein Bild von der Lage der Solarindustrie im Land zu machen. Längst stehen wegen des angekündigten radikalen Förderschnitts mehrere geplante Solarparks in Brandenburg auf der Kippe.
Wie berichtet hatte die schwarz-gelbe Bundesregierung nach Protest aus den Bundesländern am Dienstag einige Zugeständnisse gemacht. Nun sollen etwa für einfache Dachanlagen, für die bis zum 24. Februar ein Antrag auf Netzanschluss gestellt wurde, bis zum 30. Juni die alten Fördersätze gelten. Für große Freiflächenanlagen, die mit aufwendigeren Planungsverfahren verbunden sind, soll die Förderung nach alten Regeln bis 30. September gelten. Voraussetzung ist, die Kommune, in der der Solarpark entstehen soll, hatte bis zum 1. März 2012 die Aufstellung beschlossen. Ursprünglich waren keine Übergangsfristen vorgesehen.
Zumindest für im Bau befindliche Großanlagen ändert sich somit nichts – gesetzt den Fall, sie werden rechtzeitig fertig. „Doch die konkrete Planung für ein Solarkraftwerk beginnt meist weit vor dem Aufstellungsbeschluss der Gemeinde. Gutachten müssen erstellt, Genehmigungen müssen eingeholt werden. Allein die Kosten dafür belaufen sich oft auf mehrere 100 000 Euro“, berichtete Projektentwicklerin Heimann gestern. Bei Juwi lägen derzeit mehrere Projekte im Land Brandenburg auf Eis, weil deren Planung noch unter den alten Voraussetzungen begonnen hätten. Nun sei aber nicht absehbar, ob sich die Solarparks künftig noch rechnen, so Heimann. Zumal Solarkraftwerke, wie sie Juwi entwickelt, künftig ganz ohne Förderung auskommen müssten.
Während für kleinere Anlagen die Einspeisevergütung nur sinkt, soll sie für Kraftwerke ab zehn Megawatt ganz wegfallen. Der Solarpark Lieberose bei Cottbus, den Juwi 2009 an das Netz anschloss, galt damals mit 53 Megawatt als der größte in Deutschland. Erst Anfang des Jahres weihte Juwi einen 19-Megawatt-Park in Welzow (Spree-Neiße) ein. Drei weitere Solarkraftwerke anderer Entwickler, die alle 2011 ans Netz gingen, haben alle deutlich mehr Leistung als der in der Lieberoser Heide. Je größer die Anlage, desto günstiger wird die Stromproduktion. Zumal die Modulpreise immer tiefer in den Keller rutschen, weil chinesische Billighersteller den Markt überschwemmen.
Medienberichten zufolge soll ein von Juwi in Lübbenau (Oberspreewald-Lausitz) geplanter Solarpark auf der Kippe stehen. Zu einzelnen Projekten wollte sich Heimann gestern aber nicht äußern. Ebenfalls gefährdet sein sollen Vorhaben anderer Planer in Grüneberg (Oberhavel) und in Groß Dölln (Uckermark). „Ich gehe davon aus, dass viele Investoren ihre Projekte neu durchrechnen“, meinte auch Thoralf Schapke vom Branchennetzwerk Solarregion Berlin-Brandenburg. „Dabei brauchen wir die Solarenergie für die Energiewende. Bei keiner anderen alternativen Energiegewinnung ist die Akzeptanz in der Bevölkerung größer.“
Aus Sicht der Experten bietet Brandenburg wegen seiner zahlreichen alten Militärbrachen, den Konversionsflächen, besonders gute Bedingungen vor allem für große Solarparks. Allerdings sorgt die Belastung mit alter Munition für bis 15 Prozent höhere Erschließungskosten. Am Ende jedoch erhalten diese meist wirtschaftlich unattraktiven Flächen eine sinnvolle Nutzung und können wie in der Lieberoser Heide auch noch beräumt werden. „Ich verstehe ja, dass manche Politiker in Bayern solche großen Anlagen nicht mehr sehen wollen. Aber warum Solarparks auf Konversionsflächen ebenfalls ab zehn Megawatt nicht mehr gefördert werden sollen, verstehe ich nicht“, sagte Heimann gestern.
Brandenburgs Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (Linke) hofft, dass die Bundesregierung noch weiter zurücksteckt, wenn der Druck anhält. Schwarz-Gelb habe am Dienstag „anerkannt, dass Korrekturbedarf besteht“, so der Minister. „Es muss sich jetzt zeigen, ob die Grenze für Korrekturen bereits erreicht ist.“ Mehrere brandenburgische Bundestagsabgeordnete von SPD und Linken haben gestern in einer gemeinsamen Erklärung angekündigt, heute gegen die Änderungen stimmen zu wollen.
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