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Brandenburg: „Jeden Tag acht Fußballfelder weg“

Jeden Tag werden einige Hektar Flächen im Land versiegelt. Grüne kritisieren fehlende Nachhaltigkeitsziele der Regierung

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Potsdam - Es geht um märkischen Sand, um Böden. Und landläufig mag die Einschätzung verbreitet sein, dass es davon gerade in Brandenburg, einem der großen Flächenländer in der Bundesrepublik, Überfluss gibt. Ein Irrtum, warnte am Dienstag Michael Jungclaus von den Grünen im Landtag. Die Oppositionsfraktion will jetzt im Parlament einen Vorstoß starten, um den aus ihrer Sicht auch hierzulande „ausufernden Flächenverbrauch“ zu reduzieren, einen bewussteren Umgang mit Böden zu erreichen. „Denn jeden Tag gehen einige Hektar Land verloren“, erklärte Jungclaus. Und zwar für Siedlungsprojekte, für Wohn- und Gewerbegebiete, Straßen, aber auch für Solar- oder Windparks. Sie werden versiegelt, wie der Fachbegriff heißt. „Wir wollen erreichen, dass mit natürlichen Flächen sorgsamer umgegangen wird.“ Fraktionschef Axel Vogel illustriert das Problem mit einem Beispiel: „Wenn Autobahnkreuze ausgebaut werden, geht man etwa in die Vollen, da wird so getan, als spielen Flächen keine Rolle.“

Mit einer Großen Anfrage hatte die Oppositionsfraktion einen Katalog mit 93 Fragen an die Landesregierung gestellt, wie sich Flächenverbrauch und Bodenschutz im Land entwickeln. Die 56 Seiten umfassende Antwort zeigt, trotz statistischer Lücken, wo Brandenburg steht. Danach betrug zwischen 2008 und 2012 der durchschnittliche Flächenverbrauch pro Tag in Brandenburg sechs Hektar, „das entspricht der Größe von acht Fußballfeldern täglich oder der Fläche einer Stadt wie Teltow pro Jahr“, so Jungclaus. Seitdem seien es rund drei Hektar täglich, was immer noch zu viel sei. Als Beleg für die Kritik führen die Grünen die nationale Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung an, nach der in Deutschland der Flächenverbrauch von 80 Hektar täglich bis 2020 auf 30 Hektar pro Tag reduziert werden soll. Das Umweltbundesamt hatte Brandenburgs Ziel-Anteil daran mit 1,3 Hektar pro Tag beziffert – also ein Vielfaches weniger als jetzt. Allerdings, dieses Ziel ist für die Landesregierung nicht verbindlich, wie aus der Antwort hervorgeht, die bezeichnenderweise vom Infrastruktur- und nicht vom Umweltministerium kommt. Zwar bekenne sich Brandenburg zur nationalen Strategie, heißt es. Und: „Die Landesregierung hat ein Nachhaltigkeitsziel, das den Brandenburger Flächenverbrauch bis 2020 auf 1,3 ha/Tag reduziert nicht festgelegt.“ In der Nachhaltigkeitsstrategie der Landesregierung tauche Flächenverbrauch nur am Rande auf, kritisierte Jungclaus.

Auf der anderen Seite spiegeln die Zahlen Brandenburgs Aufschwung und Investitionsboom der zweieinhalb Jahrzehnte seit dem Mauerfall wieder. Danach hat von 1992 bis 2012 die Gebäude- und Freifläche im Land um 26 000 Hektar zugenommen, und damit um 23 Prozent, „allerdings in den letzten zehn Jahren in deutlich gemäßigter Tendenz“, wie es heißt. Die Erholungsfläche hat um 15 000 Hektar zugenommen, Verkehrsflächen um 10 000 Hektar, also um 10 Prozent, während die Agrarfläche um 27 000 Hektar zurückging (2 Prozent), während Waldflächen in gleicher Größenordnung gewachsen sind.

Die Grünen drängen nun auf verbindliche Ziele für weniger Bodenverbrauch. In einem vom demografischen Wandel betroffenen Land wie Brandenburg müsse es möglich sein, so Jungclaus, langfristig einen „Netto-Null-Verbrauch“ zu erreichen, also so viele Böden wie versiegelt werden der Natur zurückzugeben.

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