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Ausbildungsbilanz: Jeder Dritte gibt auf

Rund 30 Prozent der Azubis in Berlin und Brandenburg brechen die Berufsausbildung ab. Unternehmer sind besorgt über hohe Abbrecherquote bei Ausbildungen.

Von Katharina Wiechers

Berlin/Potsdam - Die Suche nach geeignetem Nachwuchs bereitet den Unternehmern in Berlin und Brandenburg schon seit Jahren Sorge. Nicht nur, dass die Bewerber die Schulen häufig mit schlechten Abschlüssen und wenig Fachwissen verlassen, angesichts des demografischen Wandels sinkt auch die Zahl der Schulabgänger kontinuierlich. Doch auch wenn Betriebe ihre Ausbildungsplätze besetzen können, ist damit der Fachkräftenachwuchs noch lange nicht garantiert. Denn jeder Dritte bricht die einmal begonnene Ausbildung wieder ab. In Berlin ist die Quote laut einer Studie des Bundesinstitutes für Berufsbildung (BIBB) mit 34,6 Prozent bundesweit am höchsten, Brandenburg liegt mit 29,8 Prozent nach Sachsen-Anhalt auf dem dritten Platz.

Aus Sicht der Unternehmerverbände Berlin-Brandenburg (UVB) ist die Abbrecherquote unter anderem deshalb so hoch, weil die Schulabgänger sich falsche Vorstellungen von der Ausbildung machen. Die Jugendlichen würden in der Schule zu schlecht vorbereitet, meint UVB-Hauptgeschäftsführer Christian Amsinck. Nötig seien aus seiner Sicht mehr Veranstaltungen zur Berufsorientierung und der direkte Kontakt zwischen Wirtschaft und Schulen. Hier stießen Unternehmerverbände oft auf Ablehnung.

Davon berichtet etwa Gerrit Buchhorn, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbandes Berlin. Um Schüler für die Branche zu gewinnen, hatte der Verband im Januar zum zweiten Mal eine „Lange Nacht der Aus- und Weiterbildung“ organisiert, an der sich zahlreiche Hotels und Restaurants beteiligten. 244 Schulen habe er deswegen angeschrieben, erzählt Buchhorn. Nur 29 hätten überhaupt reagiert, letztlich angemeldet habe sich nur eine Schule. „Ich finde es bedenklich, dass den Schülern so ein Angebot verweigert wird“, sagt er.

Neben einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen den Schulen und der Wirtschaft plädieren die Unternehmerverbände auch für mehr Praktika schon wärhend der achten oder neunten Klasse. Auch Julia Gustavus vom Landesinnungsverband des Maler- und Lackiererhandwerks Berlin-Brandenburg sieht hierin die beste Möglichkeit, die Quote zu verringern. „Wenn die Leute schon vorher wissen, dass es im Hotelbetrieb Frühschichten gibt oder es auf dem Bau manchmal regnet, brechen auch weniger ab.“

Warum die Abbrecherquote gerade in der Hauptstadtregion so hoch ist, kann auch UVB-Chef Amsinck nicht sicher sagen. Möglicherweise mache Berlin durch seine Größe und Unübersichtlichkeit die Entscheidung schwer, sagt er. In Brandenburg treibt vermutlich der hohe Anteil von Abiturienten, die eine Ausbildung anfangen, die Abbrecherquote nach oben. Sie wechseln oft noch an die Universität, wenn sie nachträglich einen Studienplatz bekommen.

Das BIBB verweist allerdings darauf, dass nicht alle Abbrecher ganz auf eine Ausbildung verzichten. Schätzungen zufolge wechselt etwa die Hälfte nur den Betrieb oder die Branche. Aus Sicht der Jugendlichen berge die demografische Entwicklung im Übrigen auch Positives, sagt BIBB-Sprecher Andreas Pieper. Schließlich müssten die Betriebe nun um sie buhlen, und wenn die Ausbildung nicht ihren Vorstellungen entspreche, könnten sie eben auch wechseln. „Für die Jugendlichen ergeben sich neue Alternativen, und sie nutzen sie“, sagt Pieper.

Während sich in Berlin die Relation zwischen Ausbildungsplätzen und Suchenden die Waage hält, ist die Situation in Brandenburg schon gekippt: Dort stehen 21 555 Suchende 22 944 Ausbildungsplätzen gegenüber. Dennoch sei es schwer, Berliner Jugendliche zu einer Ausbildung in Brandenburg zu bewegen, sagt Amsinck. Er forderte Berlin und Brandenburg deshalb dazu auf, einen gemeinsamen Ausbildungsmarkt für beide Länder zu etablieren. Katharina Wiechers

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