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Brandenburg: Jeder Fluggast zählt

Aufsichtsrat bringt Erweiterung des unfertigen BER auf den Weg – seine Eröffnung 2017 wird knapp

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Berlin - Noch ist der neue Flughafen in Schönefeld nicht einmal eröffnet. Und wegen des Statikproblems gilt im BER-Terminal weiter ein Baustopp. Doch am Freitag hat der Aufsichtsrat unter Vorsitz von Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (SPD) auf seiner Krisensitzung in Tegel nun erste Weichen gestellt, damit es nach der immer noch für 2017 geplanten BER-Eröffnung nicht gleich das nächste Chaos gibt – diesmal wegen Abfertigungsengpässen und Kapazitätsnöten. „Es ist ein wichtiger Schritt nach vorn“, sagte Müller. Der Aufsichtsrat machte den Weg für ein Ausbauprogramm in Schönefeld frei, um die 2023 erwarteten 40 Millionen Passagiere auch abfertigen zu können. Für Verwunderung im Gremium sorgte Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU), der sich den Vernehmen nach bei der Abstimmung enthielt.

Die Zeit drängt. Denn der BER, der am Anfang lediglich 22 Millionen Passagiere abfertigen kann und damit lediglich so viele wie heute der altgediente Innenstadtflughafen Tegel, ist viel zu klein. Für 2017 werden 34 Millionen Passagiere erwartet. Nach dem von Flughafenchef Karsten Mühlenfeld vorgelegten Konzept soll die Lücke durch die Weiternutzung und Ertüchtigung des alten Schönefelder Airports aus DDR-Zeiten und durch eine Reihe provisorischer neuer Abfertigungsgebäude geschlossen werden. Das Programm kostet rund 600 Millionen Euro, die in der aktuell für die Flughafengesellschaft vorgesehenen Kapitalspritze von 2,2 Milliarden Euro – davon 1,1 Milliarden Euro für den Fertigbau – enthalten sind. Der Aufsichtsrat gab die ersten 65 Millionen Euro frei, davon 48 Millionen Euro für ein Interims-Regierungsairport in Schönfeld. Es soll 2018 fertig sein. Am alten SXF-Flughafen wird kurzfristig ein neues F-Terminal für Ryanair gebaut, womit zustätzlich zwei Millionen Passagiere abgefertigt werden können. Mit einer Kapazität von zehn Millionen Passagieren sei Schönefeld/Alt „dann so groß wie der Flughafen Köln-Bonn“, sagte Mühlenfeld. Außerdem können nun die Planungen für ein neues BER-Terminal für Billig-Airlines in östlicher Verlängerung des Nordpiers beginnen, für das allein 200 Millionen Euro veranschlagt sind und das 2019 stehen soll.

Denn einig sind sich alle, Berliner und Brandenburger Fluggäste nach der Eröffnung des neuen Hauptstadtflughafens nicht nach Leipzig abzugeben. Der eineinhalb Autostunden von Berlin entfernte, nicht ausgelastete Airport wird von Sachsen regelmäßig als Ergänzungsflughafen für den BER ins Gespräch gebracht. Nach den aktuellen Turbulenzen um den Baustopp und die Statikprobleme hatte Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) in dieser Zeitung das Angebot ausdrücklich erneuert. Ein Veto formulierte Vize-Aufsichtsratschef Rainer Bretschneider, zugleich Flughafenkoordinator Brandenburgs. „Ich kenne keinen Vorschlag aus Sachsen, wie das funktionieren sollte“, sagte er. „Im Übrigen entscheiden die Berliner, die Brandenburger und die Gäste selbst, von welchem Flughafen sie fliegen wollen, und nicht Herr Tillich.“

Über die nötige Erweiterung des zu kleinen BER ist seit der geplatzten Eröffnung 2012 debattiert worden. So begrüßte die Berliner Industrie- und Handelskammer den Beschluss. Es sei das „Ende der jahrelangen Lethargie“, sagte Vize-Hauptgeschäftsführer Christian Wiesenhütter.

Es war die zweite Sitzung, die Müller als Aufsichtsratschef leitete. Sie war von der Imtech-Pleite, erheblichen Rückständen auf der Baustelle und dem aktuellen Baustopp wegen der Statikprobleme überschattet. Dennoch äußerte sich Müller zuversichtlich, dass der neue Flughafen 2017 eröffnen kan. „Aber es gehört zur Wahrheit dazu, dass es knapp wird mit den Zeiten.“ Noch seien die Puffer nicht aufgebraucht, „aber viel Spielraum gibt es nicht mehr.“ Ziel sei es, den Flughafen im Herbst 2017 zum Winterflugplan in Betrieb zu nehmen.

Klarheit wird es erst Ende des Jahres geben. Nach Worten von Berlins Flughafenstaatssekretär Engelbert Lütke-Daldrup wird der Flughafen „November/Dezember“ einen neuen Fahrplan vorlegen. Durch den Baustopp im Terminal wegen der zu schweren Ventilatoren sehen die BER-Verantwortlichen die Eröffnung nicht gefährdet. Vize-Aufsichtsratschef Rainer Bretschneider sprach sogar von einem „Sturm im Wasserglas.“

Mühlenfeld äußerte sich zuversichtlich, dass das Terminal bald wieder freigegeben werden kann. Man wolle die schweren Ventilatoren zunächst mit Zusatzgurten absichern und dann die regulären Befestigungen verstärken.

Vor dem Verwaltungsgebäude in Tegel, wo der Aufsichtsrat tagte, forderten ein Dutzend Demonstranten verschiedener Bürgerinitiativen einen Ausstieg aus dem BER und den Bau eines privat finanzierten Großflughafens im entfernteren Sperenberg. Sie hielten Schilder hoch mit Aufschriften wie „Stoppt den Wahnsinn“.

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