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Von Thorsten Metzner: „Jeder ist ersetzbar“

Nach Speer-Affäre übt Ministerpräsident Matthias Platzeck Selbstkritik – jedenfalls ein bisschen

Stand:

Potsdam - Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) setzt darauf, dass die Brandenburg-Affäre mit dem völligen Rückzug seines Ministers und Vertrauten Rainer Speer aus der Politik weitgehend ausgestanden ist. Nachdem diese das Land wochenlang erneut bundesweit in die Negativ-Schlagzeilen, Platzeck persönlich in Bedrängnis und die rot-rote Koalition an den Rand der Handlungsfähigkeit gebracht hatte, sagte er am Montag auf einer Pressekonferenz zum Ausblick auf 2011 in Potsdam: „Ich denke, die politische Dimension ist jetzt so beschaffen, dass die Agenda davon nicht mehr beherrscht wird.“

Platzeck bereitet demnach auch kein Krisenszenario für mögliche weitere Enthüllungen auf Grundlage des verschwundenen Speer-Laptop vor. Mit denen wird in Potsdam weiter gerechnet, da auf dem Gerät brisante Interna, zwei Jahrzehnte sozialdemokratisches Herrschaftswissen aus Brandenburg vermutet werden, eine Art „Wikileaks“ im Kleinen aus der märkischen Provinz. Platzeck gab sich dazu gelassen. „Ich habe keine eigene Email-Adresse. Ich habe nie gemailt, nie Mails empfangen“, sagte er. Er sei seit 20 Jahren in der Regierung, habe schon viel erlebt, lehne es ab, eigenes Tun nach derlei Spekulationen auszurichten.

Zum eigenen Umgang mit der Unterhalts-Affäre um Speer und dem bis in die eigenen Reihen – etwa im Vergleich zu seinem Vorgänger Manfred Stolpe – als desaströs wahrgenommenen Krisenmanagement übte er, auf Nachfrage, Selbstkritik. „Wir, auch ich, sind nicht unkritisch. Im Rückblick ist man ein Stück klüger.“ Er bedauerte die Ausgrenzung bestimmter Medien, darunter von PNN und Tagesspiegel, von der gemeinsamen Abschiedspressekonferenz mit Speer. „Das wird sich nicht wiederholen.“

Im Zusammenhang mit dubiosen Vermögenstransaktionen des Landes will Platzeck, der zunächst „keinen Schaden“ für das Land durch den Verkauf der Krampnitz-Kaserne und der Brandenburgischen Bodengesellschaft gesehen hatte und sich seitdem öffentlich dazu nicht mehr äußerte, nun das Ergebnis des Untersuchungsausschusses im Landtag abwarten. Er bescheinigte Finanzminister Helmuth Markov (Linke), die richtigen Konsequenzen im Haus selbst, aber auch zum Umgang mit dem Parlament gezogen zu haben, das früher bei Grundstückverkäufen beteiligt werden soll. „Ich denke, dass er adäquat reagiert hat.“

Zurückhaltend äußerte sich der Regierungschef dazu, auf welches neue Führungsmodell er nun setzt, nachdem es in den letzten Jahren eine enge Arbeitsteilung zwischen  Platzeck und Speer, seinem Mann im Hintergrund, gegeben hatte. „Die Regierungsarbeit wird auch ohne Rainer Speer organisiert“, sagte Platzeck dazu nun. Wer glaube, die SPD in Brandenburg war 20 Jahre erfolgreich, weil sie „unter vier oder sechs Augen“ geführt worden sei, „der irrt.“ In dem Zusammenhang verwies Platzeck, der auch SPD-Landeschef ist, auf einen neuen „Qualitätszirkel“ der Partei, einer Art Weiterbildungs-Akademie für Nachwuchspolitiker wie die Unterbezirkschefs Mike Schubert oder Sören Kosanke, aus denen die an Personalnot leidende Partei künftige Staatssekretäre und Minister rekrutieren will. Freilich, so schränkte Platzeck ein, „es ist kein Freifahrtschein.“

Nach den Spekulationen um seine Person, um Schwächung und Amtsmüdigkeit der letzten Zeit, kündigte Platzeck erneut seine Spitzenkandidatur für die Landtagswahl 2014 an. „Wenn ich das Gefühl habe, dass ich zur Gestaltung des Landes weiter beitragen kann und die Partei dies will, bin ich gern bereit, es mit aller Freude zu tun.“ 

Anders als sein Vorgänger Manfred Stolpe (SPD), dessen Kronprinz Platzeck jahrelang für jeden erkennbar war, hat er allerdings keine Signale für eine mögliche Nachfolge gesetzt. Der Frage nach seinem Kronprinzen begegnete Platzeck mit dem Prinzip Prinzengarde. „Es gibt gute Frauen und Männer.“ Er fügte hinzu: „Jeder ist ersetzbar.“

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