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Altersarmut: Jeder sechste ist arm
Weiblich, alleinerziehend, aus den Randregionen – diese Personengruppe ist laut Sozialexperten in Brandenburg am stärksten armutsgefährdet.
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Potsdam - Etwa 16,3 Prozent der Landesbevölkerung galten 2010 nach Angaben des Landesamtes für Statistik als von Armut bedroht. Das heißt nach Definition der Vereinten Nationen, ihnen standen nur 60 Prozent oder weniger des durchschnittlichen Nettoverdienstes in Deutschland zur Verfügung. Zwar ist die Armutsquote in Brandenburg seit Jahren rückläufig, doch Wohlfahrtsverbände sehen trotzdem keinen Anlass für Entwarnung.
„Davon sollte man sich nicht täuschen. In abgelegenen Regionen wie in der Prignitz oder der Uckermark ändert sich nicht viel“, sagt Andreas Kaczynski, Sprecher der Landesarmutskonferenz Brandenburg und Landesvorstand des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. Bundesweit lag der Anteil der von Armut bedrohten Personen 2010 bei 14,5 und damit gegenüber 2007 um 0,2 Prozentpunkte niedriger. Im Land Brandenburg ist die Quote dagegen sei 2005 rückläufig und lag 2007 noch bei 17,5 Prozent. „Die Gefährdung ist stark abhängig von der Entwicklung der Arbeitslosenquote. Steigt die Beschäftigung, sinkt die Armutsquote“, erklärt Kaczynski. Im Kehrschluss bedeute dies, dort wo es wie in der Uckermark viele Langzeitarbeitslose gibt, sei die Gefahr groß, weiter in relativer Armut zu leben, so der Sozialexperte. Bei einer Berechnung der Armutsquote im Landesmaßstab, also am mittleren Einkommen in Branbenburg gemessen, werden die regionalen Unterschiede deutlich. Während der Landesschnitt 2010 bei 13,6 Prozent lag, waren es in der Uckermark 19,2 und in der Prignitz 21,7 Prozent. Mit 6,8 Prozent fiel die Quote in Potsdam-Mittelmark am niedrigsten aus.
Je unflexibler und je weiter weg vom wirtschaftlich prosperierenden Speckgürtel, desto schlechter stehen die Chancen, aus der Langzeitarbeitslosigkeit auszubrechen, lautet das Fazit der Experten. Am schwersten hätten es alleinerziehende Mütter, sagt Kaczynski. Besonders besorgniserregend sei, dass sich für viele die Armutsgefahr im Rentenalter fortsetze. „Wir erwarten deshalb einen drastischen Anstieg der Altersarmut in den kommenden Jahren.“ Aktuelle Schätzungen zu Brandenburg lägen zwar noch nicht vor, doch die Entwicklung in Ostdeutschland werde wegen der vielen unterbrochenen Erwerbsbiografien in den 90er Jahren ein höheres Tempo haben als in Gesamtdeutschland, sagt Kaczynski.
Laut des Gesamtverbandes des Paritätischen erhalten derzeit etwa drei Prozent der deutschen Rentner Sozialhilfe, sogenannte Grundsicherung im Alter. Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider glaubt, dass der Anteil in zehn Jahren auf zwölf Prozent steigt. Wegen der sich verfestigen Langzeitarbeitslosigkeit und zunehmender prekärer Beschäftigung könnten sich die Menschen keine ausreichende Rentenansprüche aufbauen. 2010 erhielten in Brandenburg mehr als 6600 Personen die Grundsicherung im Alter. 2009 lag die Rente ostdeutscher Männer im Schnitt bei 726 Euro, die am mittleren brandenburgischen Monatseinkommen gemessene Armutsschwelle bei 749 Euro.
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