Brandenburg: Jein
Die Berliner Bürger sehen die Spiele skeptisch. Der Senat will sie beteiligen. Die Frage ist: Wie sehr?
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Berlin - Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) will wie berichtet am 21. März 2015 entscheiden, ob und mit welcher der Bewerberstädte – Berlin oder Hamburg – er sich für die Olympischen und Paralympischen Spiele 2024 und eventuell 2028 bewirbt. Aber wie sollen die Berliner an einer Bewerbung beteiligt werden? Der DOSB präsentierte eine Forsa-Umfrage, wonach 48 Prozent der Berliner dafür, 49 Prozent gegen eine Bewerbung sind. Gäbe es heute eine Volksbefragung, würde die Mehrheit gegen eine Bewerbung sein.
„Das ist eine Momentaufnahme“, beschwichtigt Senatssprecher Richard Meng. „Ab Anfang 2015 wird es mit der Bürgerbeteiligung losgehen.“ Es solle eine „breite Beteiligung“ mit Bürgerforen und im Internet geben. Derzeit erarbeite man ein Konzept. Von einem Votum zugunsten Berlins könnte auch Brandenburg profitieren. Im Juni hatte Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) erklärt, wenn Berlin eine Austragung der Spiele angehe, werde man das unterstützen. Er hatte auch auf die Sportinfrastruktur seines Landes verwiesen. „Wir haben hervorragende Sportstätten in Brandenburg. Ich denke da an die Regattastrecke am Beetzsee, an das Fußballstadion in Cottbus.“
Klare Position für Berlin als Olympia-Austragungsort hat der Deutsche Schwimm-Verband mit einem Präsidiumsbeschluss bezogen. DSV-Präsidentin Christa Thiel, zugleich DOSB-Vizepräsidentin, betonte vor kurzem beim sportpolitischen Empfang der CDU-Fraktion die herausragende Rolle von Berlin als Austragungsort für Schwimmwettkämpfe. Auch der Landessportbund steht einer Olympia-Bewerbung von Berlin grundsätzlich positiv gegenüber. Diese funktioniere aber nur, „wenn die Bevölkerung hinter dem Projekt steht“, sagte LSB-Präsident Klaus Böger. Er fordert einen „verbindlichen Entscheid“ über Olympia in Berlin. Zugleich mahnt er an, dass das Internationale Olympische Komitee (IOC) den geplanten Reformprozess ernst nehmen und Reformen anlegen sollte.
Auch der DOSB will die Vollversammlung am 8. und 9. Dezember in Monte Carlo abwarten, auf der das IOC das Reformpaket „Agenda 2020“ verabschieden will (siehe Text rechts). Auf diese Reformen pochen Olympia-Befürworter und Gegner. SPD, CDU und Piraten unterzeichneten eine Resolution, in der sie sich für Transparenz, Bürgerbeteiligung, nachhaltige Infrastruktur, bescheidene Spiele, solide Finanzierung und eine IOC-Reform aussprechen. Die Grünen enthielten sich, weisen aber auch auf eine notwendige IOC-Reform hin. Die Linke, die im Bündnis „Nolympia Berlin“ organisiert ist, wendet ein, trotz eines IOC-Reformpakets müsse mit einer Fortführung der „Host City Contracts“ gerechnet werden: Diese Verträge würden alle Risiken, die durch die vom IOC diktierten Bedingungen entstehen, den Ausrichterstädten übertragen.
LSB und Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) haben ein Diskussionsforum unter www.olympia-diskutieren.de gestartet. Bis Mitte November können Bürger Kommentare schreiben, diese bewerten und Fragen beantworten. BUND-Geschäftsführer Tilman Heuser fordert neben einer IOC-Reform vom Senat bis zur DOSB-Entscheidung im März ein „finanziell durchkalkuliertes Konzept“. Man müsse erkennen, „dass Berlin so ein Großereignis bewältigen kann“. Ohne Risikoabschätzung würde die Bewerbung abgelehnt. Das Misstrauen sei wegen der BER-Pleite erheblich.
„Wir brauchen eine Verfahrensweise, in der sich alle einbringen können. Am Schluss muss eine rechtsverbindliche Abstimmung stehen“, sagte Grünen-Sportpolitikerin Anja Schillhaneck. Der Zeitplan sei offen, eine Abstimmung sollte aber noch 2015 erfolgen. Im Herbst 2015 will sich der DOSB mit Hamburg oder Berlin bewerben. Judith Demba vom Anti-Olympia-Bündnis forderte eine Abstimmung der Bürger noch vor dem 21. März. Berlin brauche eine sanierte und intakte Infrastruktur, keinen „olympischen Größenwahn“. Sabine Beikler (mit mat)
Sabine Beikler (mit mat)
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