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René Wilke (parteilos) ist Brandenburgs Minister des Inneren

© dpa/Hannes P Albert

Jesidische Familie in den Irak abgeschoben: Brandenburgs Innenminister will Rückholung

René Wilke (SPD) verteidigt zwar die an der Abschiebung beteiligten Behörden, will der Familie dennoch helfen – mit einer Einschränkung.

Stand:

Brandenburgs Innenminister René Wilke (parteilos, für SPD) will die Abschiebung einer jesidischen Familie aus Lychen zur Chefsache machen. Sollte der Gerichtsentscheid des Verwaltungsgerichts Potsdam, wonach die Abschiebung illegal gewesen sei, im Hauptsacheverfahren Bestand haben, wolle er sich für eine Rückholung der Familie einsetzen. Unterdessen hat eine Petition für die Rückkehr der Familie binnen eines Tages bereits mehr als 1000 Unterschriften erhalten.

„Angesichts der Verkettung der Umstände, des konkreten Schicksals der Familie und des Gebotes, Rechtskonformität herzustellen, habe ich die zuständigen Behörden in Brandenburg damit beauftragt in Abstimmung mit den Behörden des Bundes auf die zügige Rückholung der Familie hinzuwirken, sofern die gerichtliche Entscheidung Bestand hat“, sagte Wilke am Freitag.

„Dafür ist es zwingend notwendig, dass der Bund den Betroffenen die erforderlichen Reisepapiere ausstellt und als Adressat der gerichtlichen Entscheidung diese anerkennt.“

Wilke betonte, dass die an der Abschiebung beteiligten Behörden keine Schuld treffe. „Der Vorgang wirft in seinen Abläufen dennoch Fragen auf, die es gilt, für die Zukunft aufzuarbeiten.“ Die Rückführung der zur Ausreise verpflichteten Familie, deren Asylantrag zunächst abgelehnt wurde, habe dem Vollzug geltenden Rechts gedient: Die Ausländerbehörde des Landkreises Uckermark habe die Ausreisepflicht festgestellt und der Zentralen Ausländerbehörde (ZABH) gemeldet. Nachdem die Familie es abgelehnt hatte, ihrer Ausreisepflicht innerhalb der gesetzlichen Frist nachzukommen, trat die Vollziehbarkeit ein.

1000
Unterschriften stehen unter einer Petition für die Rückholung

„Von dem in letzter Minute gestellten, erneuten Eilantrag wurden sowohl das BAMF als verfahrensleitende Behörde als auch die ZABH als die für den Rückführungsvollzug verantwortliche Behörde erst informiert, als sich die Familie bereits im Flugzeug befand und die Maschine dabei war, zu starten“, so Wilke.

Der schriftliche Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam, mit dem die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht nachträglich aufgehoben worden ist, lag erst nach der Landung der Betroffenen in Bagdad vor. Damit sei keine Einflussmöglichkeit der beteiligten Behörden mehr gegeben gewesen.

Grüne halten Angaben der Behörden für unglaubwürdig

Wie die Landesvorsitzende der Brandenburger Grünen, die Bundestagsabgeordnete Andrea Lübcke erklärte, sei das Gerichtsurteil, das die Abschiebung gestoppt hat, zum Zeitpunkt der Landung des Flugzeugs im Irak bekannt gewesen. Die Familie hätte auf jeden Fall wieder zurückgebracht werden müssen. Dazu komme, dass laut Aufenthaltsgesetz bei Familien mit minderjährigen Kindern die Abschiebung mindestens einen Monat vorher angekündigt werden müsse, wenn diese für mehr als ein Jahr geduldet seien.
„Die Behauptung, man habe von dem laufenden Verfahren nichts gewusst, ist angesichts der bereits seit Wochen bekannten Presseberichte schlicht unglaubwürdig“, so Lübcke.

In der Vergangenheit wurden Brandenburger Ausländerbehörden ausdrücklich angewiesen, Rückführungen von Personen, die der Volks- oder Religionsgemeinschaft der Jesiden angehören, besonders sorgfältig zu prüfen. „Hier ist offenbar gravierend etwas schief gelaufen“, so Lübcke.

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